Was ist eigentlich neu an der Christengemeinschaft, der Bewegung für religiöse Erneuerung? Ist es an der Zeit auch diese Kirche als Organisation abzuschaffen bzw. sind wir bereits auf dem besten Wege dahin und wie weit ist es noch bis zum allgemeinen Priestertum? Sind wir eine "Sekte" von Insidern, die sich durch ihre Sprache und ihr Urteilen gegen andere abgrenzt? Warum können wir die Jugendlichen nicht halten? Brauchen wir eine Menschenweihehandlung "light"? Wer braucht überhaupt die Christengemeinschaft?
Ilse Wellershoff-Schuur antwortet auf diese Fragen auf eine offene, persönliche Art mit einer vorläufigen Momentaufnahme. Ich finde derart authentische Bücher wie auch "Missionen" (so65) und das von Andreas Laudert sehr interessant.
Die Autorin weist auf das Prinzip der Freiwilligkeit hin. Kein Konfirmierter wird automatisch Mitglied, niemand muss sich trauen lassen, keiner muss an der Menschenweihehandlung teilnehmen, diese ist vielmehr auf die Menschen angewiesen, die durch ihre Anstrengung des Mitvollziehens dazu beitragen, die Welt von innen heraus zu heilen. Die Erneuerung geschieht in dem Moment, indem der (immer gleiche) Wortlaut des Kultus zum Leben erweckt wird. Das ist überpersönlich und zugleich individuell. Damit die Sakramente - die Autorin geht auf jedes besonders ein - vollzogen werden können, braucht es aber auch einen Raum, einen Pfarrer und ein Gemeindeleben, sozusagen die Knochen und die Haut, die alles zusammenhalten und zugleich die Gefahr der Verknöcherung und Verhärtung in sich bergen. Sie plädiert leidenschaftlich für Unvoreingenommenheit und Positivität im Miteinander, für Pluralismus der Meinungen und auch dafür, dass die Pfarrer mehr Persönliches zu zeigen wagen. Die vielen Erlebnisse, von denen sie erzählt, sind direkt aus dem Leben gegriffen.
Man spürt, dass die Autorin ganz hinter den eigentlichen Impulsen der Christengemeinschaft steht, sie legt aber doch mit sanftem Nachdruck den Finger auf das, was diesen eingefahren im Wege steht. Man nimmt es ihr ab und fühlt sich dabei gänzlich freigelassen. Ein Aufatmen: ja, damit lässt sich etwas anfangen - immer wieder neu.