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Monika Kiel-Hinrichsen:
Ein unentwegtes Brausen.

Urachhaus, 2007.
ISBN: 978-3-8251-7508-5
239 Seiten, EUR 24,90 (ab - J.)

Paula Modersohn-Becker war eine stolze, eigenwillige Frau, die ihre künstlerischen Impulse mit hohem Einsatz weiterentwickelte, wenn nötig auch auf Kosten ihrer Umwelt. Mit großer Intensität widmete sie sich ihrem Werk, immer wieder ahnend, dass sie bereits früh sterben würde. In ihrem kurzen Leben suchte sie leidenschaftlich nach der Einfachheit in Form und Farbe, um das Urbildliche besser zum Ausdruck bringen zu können.

Obwohl ihr Vater ihr ein "niedliches Talent zum Zeichnen" zuspricht und bezweifelt, dass sie "eine gottbegnadete Künstlerin ersten Ranges" wird, setzt Paula immer wieder durch, dass sie eine Malschule besuchen kann. Im Künstlerdorf Worpswede findet sie die Ursprünglichkeit, nach der sie sucht, in der Natur und den armen einfachen Menschen, die ihr oft für ihre Porträts Modell stehen. Hier knüpft sie auch Freundschaften, die ihr Leben prägen: ihr Lehrer war Fritz Mackensen, ihre Freundin Clara Westhoff, die spätere Ehefrau von Rainer Maria Rilke, und nicht zuletzt lernt sie dort Otto Modersohn kennen, den sie mit 25 Jahren heiratet. Zugleich lernt sie dort die Einsamkeit kennen und findet mehr zu sich und ihrem eigenen Stil, dem Bemühen nicht das äußere Licht abzubilden, sondern das Wesen selbst zum Strahlen zu bringen. Im Kontrast dazu liebt sie das bunte Leben in Paris, wo sie die neuesten künstlerischen Strömungen kennenlernt, und wo sie der Bremer Maler Bernhard Hoetger so ermutigt, dass sie sich voller Selbstvertrauen und mit dem Bewußtsein "Ich werde etwas!" in einen Schaffensrausch stürzt, der sie weit voranbringt. Sie trägt sich mit dem Gedanken der endgültigen Trennung von Otto, der ihr auch künstlerisch nicht mehr folgen kann, kehrt dann jedoch zu ihm zurück und erlebt eine glückliche, abgeklärte Schwangerschaft bevor sie im Wochenbett an einer Embolie stirbt.

Die Autorin schreibt farbig und plastisch unter Einbeziehung der seelischen Entwicklung der Künstlerin, so dass die Lebensbeschreibung flüssig und bewegend zu lesen ist, und auch schon Schüler von ihr profitieren können. Die ansprechende Gestaltung des Buches und die zahlreichen hochwertigen Reproduktionen lassen es einen gerne in die Hand nehmen.

In den weiteren Teilen geht Monika Kiel-Hinrichsen auf die Hintergründe ein und interpretiert Lebensgang und Werk der Künstlerin mit Hilfe ihrer Erfahrungen aus der Biographiearbeit. Leider sind dazu zahlreiche Wiederholungen aus dem ersten Teil notwendig, die ärgerlich machen. Diese Aufteilung hat jedoch den Vorteil der besseren Übersichtlichkeit, und so werden diese Kapitel eigenständig lesbar. Das Herausarbeiten von allgemeinmenschlichen Gesetzmäßigkeiten des Lebenslaufs bei Paula Modersohn-Becker anhand der Rhythmen, Spiegelungen, Temperamente und Planeteneinflüsse ist interessant und darf als Interpretation der Autorin so stehen bleiben. Sehr gelungen sind die vergleichenden Bildbetrachtungen im dritten Teil, die beleuchten, warum und wie die Künsterin viele Selbstporträts und überwiegend Frauen- und Kinderbilder gemalt hat, und wie sich diese im Lauf ihres Lebens entwickelt haben. Rilkes "Requiem für eine Freundin" fasst zum Abschluss ergreifend dieses beeindruckende Schicksal und dieses wertvolle Buch zusammen. Der umfangreiche Anhang läßt keine Wünsche offen.


© by Ulrike Schmoller
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