Margareta Strömstedt: Astrid Lindgren. Friedrich Oetinger Verlag, 2001. 384 Seiten, DM 48.-- (ab 14 J.) |
Machen wir doch einmal eine kleine Umfrage. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Astrid Lindgren denken? Sie haben eine Minute Zeit. Also los, ich höre...Pippi Langstrumpf, rot gestrichene Holzhäuser, Klein-Ida an der Fahnenstange, schöne Vorlesestunden mit den Kindern, dodie Gogehoheimomsospoprorachoche von Meisterdetektiv Kalle Blomquist, die Illustrationen der Bullerbü-Bücher...Es wird wohl kaum einen Menschen der letzten drei Generationen geben, der diese Liste nicht noch erweitern könnte. Doch haben Sie gewußt, dass Astrid Lindgren einen unehelichen Sohn hatte, den sie schweren Herzens erst zu einer Pflegemutter geben mußte, während sie den Lebensunterhalt verdiente? Und wer weiß, was es mit dem Pomperipossa-Artikel auf sich hat, in dem sie in märchenhafter Form den Finanzminister anklagt, weil der Spitzensteuersatz, den sie zu zahlen hatte, über einhundert Prozent lag?
Über ihre Kindheit hat Astrid Lindgren bereits selbst in ihrer Autobiographie "Das entschwundene Land" geschrieben: Wie ihre liebevollen, tüchtigen Eltern Astrid und ihre drei Geschwister sowohl in Geborgenheit wie mit großer Freiheit aufwachsen ließen und ihr damit eine paradiesische Zeit schenkten, die ihr Leben und Werk geprägt hat. Die neu erschienene Biographie von Margareta Strömstedt geht darüber noch weit hinaus. Neben der Familiengeschichte und Schilderungen des Lebens in Smaland am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, schreibt sie auch darüber, wie es Astrid Lindgren als Erwachsene ergangen ist, einsam und mittellos in Stockholm, immer hungrig und voller Sehnsucht nach ihrem kleinen Sohn, bis sie ihren Mann Sture Lindgren kennenlernte und noch eine Tochter bekam. Als diese mit Lungenentzündung im Bett lag, bat sie die Mutter "Erzähl mir von Pippi Langstrumpf", womit alles begann. Nach mehreren Anläufen wurde das Manuskript endlich angenommen und löste eine Welle der Begeisterung, aber auch der Kritik aus. Astrid Lindgren arbeitete als Verlagslektorin und veröffentlichte ein erfolgreiches Buch nach dem anderen, wohl deshalb weil sie ganz aus der Sicht der Kinder schreibt und weil die reiche Gefühlsintensität, mit der sie von ihren starken Mädchen und meist traurigen Jungen erzählt, in jedem eine Saite der eigenen Seele zum Klingen bringt. Margareta Strömstedt verrät, wie Astrid Lindgren die Ideen zu ihren Geschichten kamen und sie vergleicht und analysiert ihr Werk ganz im Zusammenhang, ohne es zu zerpflücken. Sie schreibt auch darüber, wie die berühmte Autorin den Rummel um ihre Berühmtheit verabscheut und wie sie ihre innersten Seiten immer vor der Öffentlichkeit verborgen hat. Je älter sie wurde, desto mehr wurde Astrid Lindgren zur öffentlichen Meinungmacherin, die sich einmischte und die man auch anhörte, weil sie so ungeheuer beliebt war und ist.
Margareta Strömstedt gelingt es ein warmes, facettenreiches Lebensbild von Astrid Lindgren zu schaffen, indem sie diese liebenswerte Autorin von klein auf bis in ihr hohes Alter begleitet und uns ihr nahe bringt.