Man
spürt von der ersten bis zur letzten Seite dieses kleinen Buches,
dass Christa Ludwig die Sprache liebt. Sie bringt ihre Lieblingsworte
zum sprechen, so dass sie einem im Mund zerfließen. Sie zünden im
Kopf etwas an und so wird aus dem Lesen Hören und aus dem Hören ein
Schmecken. Sie knüpft an eigene Erinnerungen oder an Beobachtungen
im Alltag an und denkt laut über sie nach. Wie ist die erste Sprache
entstanden? Können Tiere auch flüstern? Was würde einem mehr
fehlen, das Hören oder das Sehen? Wie wird die Gebärdensprache zum
Wörtertanz im Raum? Manche ihrer kurzen Texte sind philosophisch,
andere erschütternd, verblüffend oder erheiternd wie beim
Small-Talk, bei dem sie Gedichtzeilen von Gottfried Benn zitiert und
ihr Gegenüber unbeirrt weiter redet. Oder sie erzählt von dem einen
Spalt breit offenen Fenster einer Ente eines Studenten, in die eigene
Gedichte oder Texte für die Veröffentlichung in der Zeitschrift
„Tandaradei“ geworfen werden konnten. Ein plötzlich aus dem
Gedächtnis auftauchendes Gedicht wird zum Zauberwort, das einen ganz
neuen Bezug zur Wirklichkeit bekommt, wenn es sich mit einer
konkreten Szene verbindet: das Kursbuch mit Hans Magnus Enzensberger,
Rilke mit den Haltungsbedingungen von Brathähnchen oder Else
Lasker-Schüler mit dem Schicksal der Geflüchteten und der Werbung
eines Autoproduzenten.
Diese Kleinode
berühren einen in ihrer „Persönlichkeit“. Sie machen kleine
Momente groß und die Welt hebt an zu singen. Danke!