Herr
und Frau Krane geben sich alle Mühe, dass das Café Krane als
anständiges Lokal mit Niveau angesehen wird. Eine Drehtür aus Glas
spült die Gäste herein und es gibt große Fenster sowie eine
Schiebetüre, die den Klubraum abtrennt. So wirkt alles modern und
hell, ist freilich aber auch hellhörig, denn alle lauschen mit und
klatschen und tratschen nach Herzenslust. So war es auch als der
Skandal um Katinka Stordal seinen Lauf nahm. Kurz vor der
Hundertjahrfeier der Stadt sitzt die begabte und gefragte Schneiderin
erschöpft im Klubraum herum statt die zahlreichen bestellten Kleider
der Damen fertig zu stellen. Ein Sturm der Entrüstung brandet auf,
denn sie hat doch Schulden und zwei Kinder und so etwas gehört sich
ja nun wirklich nicht. Alle meinen, helfend, neugierig oder betroffen
ihren Senf dazu abgeben zu müssen und so wird das Café Krane zwei
Tage lang zum Dreh- und Angelpunkt des Geredes und dabei kommt so
allerhand auf den Tisch, was schon lange im Untergrund schwelt:
zerbrochene Ehen, alte Liebschaften, Eifersüchteleien,
Begehrlichkeiten, Schuldgefühle, Sehnsüchte und Abhängigkeiten.
Das Wohl und Wehe der Stadt scheint von Katinka Stordal abzuhängen,
die sich plötzlich weigert, die Erwartungen ihrer Mitmenschen zu
erfüllen.
Es geht hoch her im Café Krane. Es ist
amüsant, als Außenstehender zuzuschauen wie die Wellen um Katinka
hoch schlagen, die einfach nicht mehr kann und will und sich dabei
auch treu bleibt. Ehrlich und konsequent verweigert sie sich der
bürgerlichen Etikette, die in den 1920er Jahren den Umgang
bestimmte. Im Café Krane konzentriert Cora Sandel einen ganzen
Kosmos. Das 1945 in Norwegen erschienene Buch liegt nun erstmals in
deutscher Sprache vor. Eine wunderbare Entdeckung.