Karin Anema: Heute kauf ich alle Farben. Urachhaus, 2016.
ISBN: 978-3-8251-7969-4
320 Seiten, EUR 24,90
Karin Anema und Ton Hafkampf liefen sich
2006 beim Schlittschuhlaufen über den Weg und freundeten sich an. Als die Autorin
nach einem Buchprojekt suchte, bat Ton sie darum, seine Lebensgeschichte aufzuschreiben.
Das Interesse und die Empathie Karins und Tons Offenheit lassen uns daran teilhaben,
wie es ihm während seiner beiden psychotischen Phasen erging und wie er sich
daraus befreien konnte. Schon in seiner Familie mit sieben Geschwistern und
einer depressiven Mutter und ab seinem vierzehnten Lebensjahr bei der Arbeit
im Schlachthof gehörte die hässliche Seite des Lebens zu seinem Alltag. Während
der Vater als Ausgleich zu der oft widerwärtigen Plackerei seine Rosen pflegte,
schuf Ton seine ersten künstlerischen Arbeiten, doch er durfte nicht an die
Kunstakademie gehen. In seinen Ausbildungsjahren versinkt er zusehends in seinen
Obsessionen und im Chaos seiner Gedanken, bis der Grad seiner Verwirrung die
Einweisung in eine psychiatrische Anstalt nötig macht. Nach seiner zweiten Psychose
beschließt er, seine Geschichte anderen gegenüber wie hinter einer Maske zu
verbergen und er nimmt keine Medikamente mehr. Nach Jahren im Asyl kauft er
sich ein Haus und findet Arbeit als technischer Zeichner, doch er meidet weiterhin
den Kontakt zu anderen und fühlt sich fremd und isoliert. Der Kontakt zu Karin
bricht die Spirale seiner Assoziationen auf und wird seine Brücke zur Welt.
Der Reise in seine Vergangenheit stellt er sich ehrlich, beharrlich und mutig.
Schließlich beginnt er auch wieder zu malen und findet seinen Frieden bis er
kurz nach Fertigstellung des Manuskripts stirbt. Die Rückblicke, die mit zahlreichen
Anmerkungen Tons versehen sind, wechseln sich mit Berichten über die gemeinsame
Arbeit am Buch ab. Es ist äußerst interessant, sich einmal in eine ganz andere
Gedanken-und Lebenswelt hinein denken zu können und aus erster Hand zu hören,
wie sich ein schizophrener Mensch fühlt.