LITTERULA ‑
REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑
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Hans Zulliger: Heilende Kräfte im kindlichen Spiel. Psychosozial-Verlag, 2023.
ISBN: 978-3-8379-3296-6
134
Seiten, EUR 19,90
Hans Zulliger lebte von 1893 bis 1965 und schrieb dieses Buch 1951. Er
arbeitete als Dorfschullehrer und bewahrte sich seinen gesunden
Menschenverstand auch dann noch als er ein gefragter Kinderpsychologe und
Referent wurde. Er beschäftigte sich intensiv mit dem kindlichen Spiel als
Sprache des Kindes und der heilenden Kräfte die dessen magischem Denken
innewohnen. Daraus entwickelte er seine „reine“ Kinderpsychotherapie, die ohne
intellektuelle Deutungen auskommt. Da das Spielen im ersten Jahrsiebt auch in
der Waldorfpädagogik einen hohen Stellenwert hat, fand ich es interessant seine
Ausführungen auf Parallelen abzuklopfen. Das prälogische Denken des kleinen Kindes, das selbstvergessene Agieren
im Symbolspiel, bei dem ein Holzscheit zur Puppe wird, Dinge als beseelt und
Traumwelten als real erlebt werden, ist durchaus in der Lage durch die
Neubearbeitung überwältigender Affekte zur seelischen Heilung und zur
Verarbeitung von Erlebnissen beizutragen ohne dass der Erwachsene dabei lenkend
eingreifen müsste. Er bietet lediglich den Rahmen und seine Begleitung an,
damit das Kind Vertrauen schöpfen, angstfrei seine unbewussten Fragen und Nöte
aussprechen und sie auf seine Art bearbeiten kann. Dafür steht möglichst
unbearbeitetes Material und Spielzeug zur Verfügung, das der Phantasie keine
Grenzen setzt, zum Beispiel ein Gemüsetheater zum Abbau von Aggressionen.
Deutungen werden nur innerhalb des Spieles und gegenüber den Eltern abgegeben.
Zulliger berücksichtigt auch, analog zum Lehrplan der Waldorfschulen, dass die
seelisch-geistige Entwickung des Kindes alle kulturellen Entwicklungen der
Menschheitsgeschichte abbildet. Seine zahlreichen Beispiele aus der Praxis sind
dementsprechend archaisch und teilweise recht abstrus. Sie entstammen einer
anderen Zeit, in der noch vom Klapperstorch gesprochen wird, kommen aus einer
bäuerlichen Umgebung und nicht zuletzt ist Zulliger Psychoanalytiker und seine
Herangehensweise dadurch geprägt. Dennoch bleibt als Fazit, dass dem
Symbolspiel eine bedeutende und tatsächlich heilende Wirkung in der Kindheit
zukommt und dass die Waldorfpädagogik genau das Richtige tut, wenn sie den
Kindern das medienfreie und phantasievolle Spiel ohne vorgefertigtes Spielzeug
bewahrt.