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Frühkindliche
Nahrungsverweigerung

Markus Wilken:
Frühkindliche Nahrungsverweigerung.

Psychosozial-Verlag, 2022.
ISBN: 978-3-8379-33139-6
275 Seiten, EUR 32,90

Wenn ein Kind die Nahrung verweigert, kommt ein dramatisches Karussel ins Rollen, denn es braucht sie ja um am Leben zu bleiben. Die Gründe dafür können vielfältig sein. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um medizinische Risikogruppen: Frühgeburten, Fehlbildungen und Behinderungen können eine Sondierung notwendig machen. Der dadurch entstehende Verlust der Oralität, die Überversorgung durch vermeintliche Optimierung der Nahrungszusammensetzung, die Sattheit bis hin zur Aversion auslösen können, sowie als traumatisch empfundene Schmerzerfahrungen können zu einer „Fütterstörung“ und dauerhafter Sondendependenz führen. Zugleich wird die Bindung zwischen Mutter und Kind massiv gestört, da die aktive Regulation der Bedürfnisse nicht adäquat erfolgen kann. Es kann weder eine Skriptbildung wiederkehrender Abläufe noch die Selbstwirksamkeit entwickelt werden. Die Mutter fühlt sich ihrerseits nicht in ihrer Rolle als gute nährende Mutter bestätigt. Der Autor stellt den großen Einfluss des autonomen Nervensystems auf das Essverhalten heraus, wodurch Panikreaktionen wie Würgen bis hin zur dissoziativen Erstarrung beim Anblick von Nahrung nachvollziehbar werden. Verfestigt sich die Selbstschutzreaktion des Kindes zu einem konsistenten Verhaltensmuster, sollte bald therapeutische Unterstützung gesucht werden. Der Therapeut macht sich ein genaues Bild der Symptomatik und versucht zu verstehen, was die Hilfesuchenden brauchen. Interdisziplinäres Wissen und Verstehen machen seine Kompetenz aus. Der Autor verweist auf gute Erfolge seiner Arbeit, was hoffnungsvoll stimmt, dass dieser komplexe Teufelskreis durchbrochen werden kann.

Dieses Fachbuch gibt einen Einblick in ein wenig erforschtes Gebiet, das doch ein zunehmendes Problem beleuchtet. Die ausführliche Beleuchtung der Hintergründe nimmt den größten Raum ein, während die Therapie nur kurz zu Sprache kommt. Darüber hätte ich gerne noch mehr erfahren. Für einen Fachmann oder eine Fachfrau auf diesem Gebiet sollte es aber problemlos möglich sein, die vorgestellten Inhalte in die eigene Praxis zu integrieren.

© by Ulrike Schmoller
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