Wenn
ein Kind die Nahrung verweigert, kommt ein dramatisches Karussel ins
Rollen, denn es braucht sie ja um am Leben zu bleiben. Die Gründe
dafür können vielfältig sein. In der Mehrzahl der Fälle handelt
es sich um medizinische Risikogruppen: Frühgeburten, Fehlbildungen
und Behinderungen können eine Sondierung notwendig machen. Der
dadurch entstehende Verlust der Oralität, die Überversorgung durch
vermeintliche Optimierung der Nahrungszusammensetzung, die Sattheit
bis hin zur Aversion auslösen können, sowie als traumatisch
empfundene Schmerzerfahrungen können zu einer „Fütterstörung“
und dauerhafter Sondendependenz führen. Zugleich wird die Bindung
zwischen Mutter und Kind massiv gestört, da die aktive Regulation
der Bedürfnisse nicht adäquat erfolgen kann. Es kann weder eine
Skriptbildung wiederkehrender Abläufe noch die Selbstwirksamkeit
entwickelt werden. Die Mutter fühlt sich ihrerseits nicht in ihrer
Rolle als gute nährende Mutter bestätigt. Der Autor stellt den
großen Einfluss des autonomen Nervensystems auf das Essverhalten
heraus, wodurch Panikreaktionen wie Würgen bis hin zur dissoziativen
Erstarrung beim Anblick von Nahrung nachvollziehbar werden.
Verfestigt sich die Selbstschutzreaktion des Kindes zu einem
konsistenten Verhaltensmuster, sollte bald therapeutische
Unterstützung gesucht werden. Der Therapeut macht sich ein genaues
Bild der Symptomatik und versucht zu verstehen, was die
Hilfesuchenden brauchen. Interdisziplinäres Wissen und Verstehen
machen seine Kompetenz aus. Der Autor verweist auf gute Erfolge
seiner Arbeit, was hoffnungsvoll stimmt, dass dieser komplexe
Teufelskreis durchbrochen werden kann.
Dieses
Fachbuch gibt einen Einblick in ein wenig erforschtes Gebiet, das
doch ein zunehmendes Problem beleuchtet. Die ausführliche
Beleuchtung der Hintergründe nimmt den größten Raum ein, während
die Therapie nur kurz zu Sprache kommt. Darüber hätte ich gerne
noch mehr erfahren. Für einen Fachmann oder eine Fachfrau auf diesem
Gebiet sollte es aber problemlos möglich sein, die vorgestellten
Inhalte in die eigene Praxis zu integrieren.