LITTERULA ‑
REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑
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Matthew
Appleton: Kindern
ihre Kindheit zurückgeben. Psychosozial-Verlag,
2021.
ISBN:
978-3-8379-2867-9
187
Seiten, EUR 22,90
(ab X
J.)
A.
S. Neills Konzept Summerhill spaltet nun seit nunmehr einem
Jahrhundert die Gemüter. Kann eine Schule, in der Unterricht
freiwillig ist und in dem die Kinder die gleichen Rechte haben wie
die Erwachsenen, funktionieren? Was ist das Geheimnis der
Selbstregulation? Bringt dieser antiautoritäre Erziehungsstil nicht
nur Wildwuchs und rücksichtslose Faulenzer hervor? Als früherer
Betreuer kann uns Matthew Appleton einen unverstellten Blick hinter
die Kulissen bieten und aus erster Hand von seinen Erfahrungen
berichten. Wir erfahren alles über die räumlichen und strukturellen
Rahmenbedingungen, die Abläufe und Vereinbarungen dieses magischen
Ortes, der mitnichten ohne Regeln auskommt. Diese werden jedoch
demokratisch von der ganzen Gemeinschaft diskutiert und festgelegt.
Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo sie das Wohlergehen eines
anderen beeinträchtigt und Verstöße dagegen können im Meeting
vorgebracht und geahndet werden. So entwickelt sich ein sozial
waches, einfühlsames, tolerantes und ehrliches
Miteinander
und die Kinder können starke und authentische Persönlichkeiten
werden. Nachdem sie als Kinder viel Zeit zum freien Spielen und zum
Ausprobieren ihrer Möglichkeiten hatten, finden sie als Jugendliche
aus sich selbst heraus den Impuls zum richtigen Verhalten. Dass der
Weg dorthin mitunter steinig und lebhaft ist, erfahren wir aus den
vielen Erlebnissen in diesem Buch. Es liest sich spannend und
lebendig und ist sehr persönlich. Appleton klammert das Schwierige
nicht aus und doch wird seine Verbundenheit mit Summerhill deutlich
spürbar und er ist ein glühender Verfechter dieses Konzepts. Er
gibt uns einen konkreten Einblick und sagt deutlich seine Meinung,
wodurch man sich nach der Lektüre bewusst selbst dazu stellen kann
wie man will. Die Neuauflage seines Buches ist mit Fotos versehen,
allerdings recht klein gedruckt und nicht den aktuellen
Rechtschreibregeln angepasst worden. Zur Auseinandersetzung mit
unterschiedlichen Erziehungsstilen und zum Einordnen dieser
historisch bedeutsamen pädagogischen Strömung ist dies ein Gewinn
bringendes und den Horizont erweiterndes Buch.