LITTERULA ‑
REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑
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Lucia
Kessler-Kakoulidis: Rhythmik
und Autismus. Psychosozial-Verlag,
2016.
ISBN:
978-3-8379-2571-5
320
Seiten, EUR 29,90
(ab X
J.)
Die
Rhythmikdozentin Lucia Kessler-Kakoulidis kann auf einen reichen
Erfahrungsschatz aus der Arbeit mit autistischen Kindern und
Erwachsenen zurück greifen. Sie gibt uns einen ausführlichen
Überblick über die Entstehung der Rhythmik seit Dalcroze und geht
dabei besonders auf den integrativen Ansatz von Amélie Hoellering
ein. Anfang des 20. Jahrhunderts fand die ganzheitlich orientierte
Rhythmik im Rahmen der Reformbewegung breite Zustimmung. Der
Zusammenklang von Musik, Bewegung, Pädagogik und Therapie macht die
Rhythmik zu einer universellen Methode, die alle Lebensäußerungen
einschließt. Die Autorin ordnet die einzelnen Bereiche und
Schwerpunkte ein und versucht eine Abgrenzung. Dabei arbeitet sie
heraus, durch welche Elemente besonders Kinder mit
Autismus-Spektrum-Störungen von der Rhythmik profitieren können. Da
diese schon immer inklusiv war, können die autistischen Kinder recht
gut in eine Gruppe integriert werden. und dort ohne Stigmatisierung
soziale Erfahrungen machen. In einer absichtslosen Atmosphäre der
Akzeptanz, an einem „safe place“, können sie in der praeverbalen
Ursprache der Rhythmik eine Ausdrucksmöglichkeit finden und in
Resonanz kommen. Über den Körper und anregendes Material, mit einer
stimmigen Prosodie, einer wachen Wahrnehmung und viel Kreativität
kann der Therapeut das aufnehmen, was vom Kind kommt und so einen
Zugang zu ihm gewinnen. So können „moments of meeting“
entstehen, die Blickkontakt, Offenheit, Stabilisierung von positivem
Verhalten und die Sprachanbahnung fördern. Die Autorin berichtet in
einigen Fallbeispielen von der segensreichen Wirkung der Rhythmik,
verzichtet aber auf konkrete Ausarbeitungen. Bei der Lektüre stellt
sich von allein ein Gespür für ihre therapeutische Haltung ein, die
sich für die eigene Arbeit übernehmen lässt. Ein kleines Manko ist
die Lesbarkeit. Offenbar wurde am Korrekturlesen gespart, so dass man
manchen Satz wegen grammatikalischer Fehler noch einmal lesen muss.
Die Fußnoten sind oft so umfangreich, dass sie bis auf die nächste
Seite gehen und so klein geschrieben, dass sie zu Augenpulver werden.
Man könnte sie einfach ignorieren, wenn sie nicht so interessante
Exkurse bieten würden.
Ein weit gefasstes Fachbuch, das sowohl
bezüglich der Geschichte der Rhythmik als auch für die
Heilpädagogik und die Arbeit mit ASS-Kindern erhellende Impulse
gibt.