Uschi Entenmann: Engelberg - Wie Waldorfpädagogik Menschen wachsen lässt. Klöpfer und Narr, 2019.
ISBN: 978-3-7496-1013-6
183 Seiten, EUR 25.--
Nun hat das Buch „Erziehung zur Freiheit“ einen
würdigen Nachfolger bekommen. Die Journalistin Uschi Entenmann hat in
Zusammenarbeit mit und am Beispiel der Freien Waldorfschule Engelberg
einen großformatigen Band verfasst, der dem Leser einen Blick hinter
die Kulissen dieser Schule eröffnet und zugleich allgemein über die
Grundzüge der Waldorfpädagogik informiert. Sie tut das ganz individuell
durch die Vorstellung einer Schüler- und Lehrerpersönlickeit aus jeder
Klassenstufe. Die vielen Fotos machen neugierig auf die völlig
unterschiedlichen Menschen und wenige Sätze genügen um einen Eindruck
von der Vielfalt zu bekommen, die an dieser Schule lebt. Neben den
Kurzbiographien kommen die Lehrer ausführlicher zu Wort, indem sie
Einblicke in den Unterricht ihrer Klassenstufe gewähren. Das geschieht
stellenweise mit großer Offenheit. Dadurch dass die Lehrer bereit sind,
auch von ihren Schwierigkeiten zu erzählen, werden die Berichte
authentisch und verkommen nicht zum Werbeblock. Das Mittelstufenkonzept
wird ebenso erläutert wie der Förderunterricht und die möglichen
Abschlüsse, es wird von den Praktika, der Orchesterarbeit, den
Klassenspielen und dem praktisch-künstlerischen Unterricht erzählt,
wobei auch Insider noch neue Ansätze entdecken können. Die Eltern
kommen in Bezug auf das Elternengagement und ihre Erfahrungen zu Wort
und einige Absolventen schildern ihren weiteren Werdegang. Die
besondere Geschichte der Engelberger Schule zeigt, wie sich der
Waldorfimpuls dort entwickeln konnte. Ein zentraler und bewegender
Artikel beschäftigt sich intensiv mit der Frage nach der Aktualität der
Waldorfpädagogik heute. Zusammenfassende Übersichtskästen und ein
ausführliches Glossar schaffen Struktur. Ein bisschen schade ist, dass
das Cover, das stimmig den Untertitel „Wie Waldorfpädaogik Menschen
wachsen lässt“ aufnimmt, durch die tafelgrüne Grundfarbe eher zum
„Undercover“ wird. Der Spagat gelingt: so bunt und beispielhaft die
einzelnen gezeigten Puzzlestücke sind, so lebendig ist das sich
ergebende Gesamtbild. Die Darstellung ist wahrhaftig und beseelt und
spricht sich im besten Sinne selbst aus. Waldorfinteressierte können
sich so ihr eigenes Bild machen und finden viele ihrer Fragen
beantwortet, sie können in eine Stimmung eintauchen und quasi in einen
Dialog treten, während Waldorferfahrene manches wiederentdecken und mit
ihrer eigenen Schule vergleichen können. Gerade die Momentaufnahmen
machen den Reiz dieses Buches aus und die Begeisterung der Beteiligten
springt über.