Irmela Wiemann: Adoptiv- und Pflegekindern ein Zuhause geben. Balance, 2009.
ISBN: 978-3-86739-050-7
231 Seiten, EUR 15,95
Um "Adoptiv- und Pflegekindern ein Zuhause geben" zu können ist Liebe nicht genug. Denn das Kind, die Herkunftsfamilie und die sozialen Eltern leben in einem komplizierten sozialen Gefüge, in dem viele Verletzungen, unausgesprochene Erwartungen und Konflikte zu bearbeiten sind. Die Psychotherapeutin Irmela Wiemann kennt die Klippen der Fremdbetreuung aus ihrer Beratungspraxis und zeigt mit diesem Buch ausführlich und exemplarisch, wie diese gelingen kann.
Viele der Pflege- und Adoptivkinder tragen frühe seelische Wunden mit sich herum und sind deshalb in ihren Bindungserfahrungen zutiefst verunsichert. Sie leben in einem ständigen Loyalitätskonflikt zwischen ihren beiden Familien. Eine klare Aufgabenverteilung zwischen den leiblichen und den "Jeden-Tag-Eltern" sowie eine Absprache der Verantwortungsbereiche kann ihnen viel von ihrer Verwirrung nehmen. Die physischen Eltern, vor allem die Mütter, müssen den Schmerz verarbeiten, dass sie nicht für ihr Kind sorgen konnten und es weggeben mussten. Die Pflege- und Adoptiveltern sehen sich möglicherweise damit konfrontiert, dass das Kind sich anders entwickelt als sie sich das wünschen würden, und dass sie ihm manche Schwierigkeit nicht ganz abnehmen können. Ihr aufrichtiger und offener Umgang mit dem Thema, der dem Kind seine Trauer zugestehen kann, trägt maßgeblich zu einer gesundenden Identitätsbildung des Heranwachsenden bei. Eine schöne Hilfe in diesem lang andauernden Prozess können "Lebensbriefe" sein, die die Erwachsenen für das Kind verfassen.
Die Autorin geht auf eine sehr aufmerksame Art in die Tiefe, benennt unterschwellige Gefühle und bezieht dabei die verschiedensten Formen der Fremdbetreuung ein. Ihre zahlreichen Beispiele sind eindrücklich und ergreifend und zeigen, wie vielfältig und individuell hier gearbeitet wird. So wird dieses Buch praxisorientiert und lebensnah und kann allen angehenden und erfahrenen Jeden-Tag-Eltern sowie ihren fachlichen Beratern nur nachdrücklich empfohlen werden.