Stephan Valentin: Wenn Kinder zuviel wiegen. dtv, 2008.
ISBN: 978-3-423-34469-2
187 Seiten, EUR 9,90
Der Leidensdruck übergewichtiger Kinder und ihrer Eltern ist enorm. Dieser Ratgeber kann ein erster Schritt sein, den verheerenden Teufelskreis zu durchbrechen, in den diese hineingeraten sind.
Die Weichen werden schon früh gestellt: Es beginnt bereits mit einer genetischen Disposition, setzt sich in der Schwangerschaft durch die Ernährung und Lebensituation der Mutter fort, und auch die Art des Stillens spielt eine nicht unwesentliche Rolle für die Anlage der Fettzellen. Überzuckerte Kindernahrungsmittel, zuviel Fett und zu wenig Bewegung führen dazu, dass täglich mehr Energie zugeführt wird als nötig- und selbst wenn es jeden Tag nur wenige Kalorien sind, steigt das Gewicht überproportional an, der Stoffwechsel verlangsamt sich und eine große Trägheit überkommt die Kinder. In Verbindung mit der sozialen Ausgrenzung als Dickerchen zieht sich das Kind an seinen Computer oder Fernseher zurück, holt sich zum Trost eine Tüte Chips und einen Softdrink - und die Abwärtsspirale ist perfekt. Oft können nur professionelle Rehaprogrammme diesen Kreislauf durchbrechen. Mit Bewegungsprogrammen, Ernährungskursen und psychologischer Unterstützung der ganzen Familie kann dort ein neues Verhalten erlernt und dieses dauerhaft beibehalten werden.
Wohltuend wertfrei und sachlich behandeln die Autoren die leiblichen und seelischen Ursachen des Übergewichts und zeigen Auswege auf. Mit Statistiken und Zahlenmaterial, Tabellen und Listen belegen sie Kalorienverbrauch, Inhaltsstoffe und Verhaltensstudien. Schon das Bewußtsein für die Zusammensetzung eines Hamburgers oder einer Cola kann eine Hilfe sein, die ebenfalls aufgezeigte Alternative zu wählen. Klare Worte sprechen dafür, den Fernsehkonsum zu beschränken und keinesfalls mit einer Nahrungsaufnahme zu verbinden. Zahlreiche Fallbeispiele, Rezeptvorschläge, Adressen und Ideen zur bewegten Freizeitgestaltung erleichtern es, die guten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Besonders positiv hervorzuheben sind die Kapitel, die auf die psychische Situation der betroffenen Kinder und Familien eingehen. Vom Machtkampf am Esstisch bis zu den Schuldgefühlen der Eltern und dem Verlust des Selbstvertrauens der Kinder wird immer wieder auf die Hintergründe des übermäßigen Essens und seine Folgen eingegangen.
Insgesamt wird deutlich, dass es sich beim Übergewicht von Kindern um ein gesellschaftliches Problem von bedeutendem Ausmaß handelt und dass eine grundsätzliche Umstellung der Lebens- und Essgewohnheiten angestossen werden muss. Doch beginnen muss diese in den einzelnen Familien, in den Köpfen der Eltern und im Alltag der Kinder, wofür dieser Ratgeber ein erster Anfang sein kann. Einen anthroposophischen Hintergrund hat er allerdings nicht, mir ist aber auch neben den vielen guten Büchern zur anthroposophischen Ernährungslehre keines bekannt, das so speziell auf das Übergewicht eingeht.