LITTERULA ‑
REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑
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Anna
Woltz: Haifischzähne. Carlsen,
2020.
ISBN:
978-3-551-55515-1
90
Seiten, EUR 10.--
(ab 10
J.)
Atlanta
und Finley sind nicht zum Vergnügen auf dem Radweg ums Ijsselmeer
unterwegs. Beide sind von daheim ausgerissen, Atlanta mit
Vesperbroten und Zahnspange und Finley nur in einer kurzen Hose und
zwei Haifischzähnen in der Tasche. Beide haben einen guten Grund für
ihre Flucht. Bis sie sich allerdings nach ihrem Zusammenstoß auf dem
Deich zusammentun und sich schließlich auch etwas von sich erzählen,
gehen einige Kilometer ins Land. Atlanta versucht aus der Glasglocke
auszubrechen, die sich seit der Krebserkrankung ihrer Mutter über
ihre Familie gelegt hat. Statt dort auf die weitergehende Diagnose zu
warten, strampelt sie lieber 360 km auf dem Rad ums Ijsselmeer um
wenigstens irgend etwas tun zu können. Aber das, was sie sich
vorgenommen hat, lässt sich auch mit einer batteriebetriebenen
Lichterkette gegen die Dunkelheit nicht schaffen. Finley überzeugt
sie, dass sie doch ihr Bestes gegeben hat, auch wenn sie aufgeben
müssen. Im Gegenzug erklärt sich Anna bereit, mit ihm zu seiner
Mutter zu fahren, mit der er sich zerstritten hat, und ihr die
Haifischzähne zu bringen, damit sie nicht durch die Fahrprüfung
fällt.
Die
Schicht darunter ist etwas komplizierter. Finley kämpft mit dem
Gedanken, dass ihn seine Mutter nie wollte und Atlanta mit ihrem
schlechten Gewissen, weil sie ihre kranke Mutter oft allein gelassen
hat, um etwas mit ihren Freundinnen zu unternehmen. Anna Woltz lässt
das Dunkle leise mitschwingen und an die Oberfläche kommen. Die
beiden Kinder bestärken sich gegenseitig in ihrer Notlage und können
sich so dem Schwierigen stellen. Es sind nicht immer Ferien im Leben,
aber vielleicht liegt das Glück ja gerade darin, sich gegenseitig zu
helfen und Herausforderungen zu überwinden. Deshalb ist es gut, wenn
man einen Freund oder eine Freundin hat - und ein paar
Haifischzähne.