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Kerlchens wundersame Reise Max Kruse:
Kerlchens wundersame Reise.

Thienemanns, 2001.
256 Seiten, EUR 14,90 (ab 8 J.)
Das Kerlchen, ein liebenswerter Junge im gestreiften Hemd, kann es nicht mit ansehen wie ein Händler auf dem Basar mit seinem struppigen Eselchen umgeht. Da verspricht ihm ein Scheich den Esel, wenn er ihm fünf Dinge herbeischafft: eine Hand voll Stroh, ein Lügengewebe, eine Nachtmütze, einen Umhang und einen Paukenschlegel. Nacheinander geraten das Kerlchen und Hühott nun in das Reich von Kaiser Minifax, einem aufgeblasenen Affen, wo alle Untertanen Bretter vor dem Kopf haben; sie landen bei den herrschsüchtigen Ratten, die alle Vögel gefangen nehmen, weil sie freie Geister nicht ertragen können; sie werden in die Tretmühle des habgierigen und herzlosen Schweins Herr Eigennutz geschickt, um ihre Schulden abzuarbeiten und machen bei dem Gelehrten Meister Grandiosus die Bekanntschaft von Neid, Ehrgeiz und Größenwahn. Schließlich begegnet dem Kerlchen noch sein Alter Ego in Form von Prinz Narziss, der ihn auf die schiefe Bahn bringen will und mit Hilfe des Tu-es-gleich besiegt wird. Als alle Aufgaben erledigt sind, werden sie vom Scheich frei gegeben und - gereift durch ihre Erfahrungen - durch das große Tor ins Leben entlassen.

Max Kruse hat dieses Märchen vollgepackt mit Wortspielen, Sprichwörtern, Redensarten und Anspielungen. Da wird tatsächlich über den grünen Klee gelobt, über den Schatten gesprungen und gepaukt und auch die gewählten Namen sind immer zugleich mit einer Aussage versehen: Mantut-Tutmandas, Miserattel, Tante Umzu etc..Das macht denjenigen Vergnügen, die das Buch auf der Metaebene lesen und verstehen können und so immer einmal wieder ein Aha-Erlebnis haben können. Auf die Dauer wirkt es allerdings ermüdend und aufgesetzt und es verhindert ein wirkliches Eintauchen in die Geschichte. Warum läßt der Autor seine gelungenen Metaphern und passenden Bilder nicht für sich sprechen? Würden sie nicht noch besser wirken, wenn sie nicht erklärt und zerredet würden? Auch die Figuren scheinen nur aus Wort-Hülle zu bestehen, obwohl sie die Möglichkeit in sich bergen, ihr Pendant im Leser zu finden und Selbsterkenntnis zu wecken. "Kerlchens wundersame Reise" bleibt leider, so gut es gemeint ist, eine Kopfgeburt. Die Illustrationen und die Gestaltung von Doris Eisenburger sind gut gelungen. Bei diesem Buch würde mich sehr interessieren, wie es von Kindern erlebt wird und was sie selbst davon halten.


© Ulrike Schmoller
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