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Klaus Kordon:
Piratensohn.

Beltz und Gelberg, 2007.
ISBN: 978-3-407-79923-4
232 Seiten, EUR 14,90 (ab 8 J.)

Assad muss erst ein paar Umwege gehen bis er herausfindet, wie er ein rechtschaffenes Leben in seinem Sinne führen kann. Als Waisenjunge wird er von seinem Onkel Saadi aufgenommen und darf diesen als Heranwachsender auf seinen Handelsreisen begleiten. Doch so sehr Assad das Meer liebt, das Geschacher und Gefeilsche des Händlers zu seinen eigenen Gunsten kann er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Immer wieder hinterfragt er das unehrenhafte Geschäftsgebaren seines Onkels, das schließlich auch seinen eigenen Lebensunterhalt sichert. Da wird ihr Schiff eines Tages von Piraten geentert und sein Onkel springt lieber über Bord in den sicheren Tod als die Diamanten preiszugeben, die er am Leib trägt. Assad wird nun von dem Piratenkapitän Turuk auf die "Mansim" geholt, der ihn wie seinen eigenen Sohn behandelt und ihm alles über das Piratendasein beibringt. Azur, wie er nun heißt, hat noch einen zweiten Lehrer, den alten Ibrahim, der ihn in die Seefahrt einweist. Bereits bei seinem ersten Kampf ist Azur klar, dass nichts gut daran ist, zu rauben und zu töten. Nach seiner Flucht vom Schiff zieht er mit Ibrahim, der ihm zum Großvater wird, von der Ost- zur Westküste. Azur sorgt sich, dass sie durch Ibrahims Großzügigkeit, mit der er viele Bettler auf ihrer Reise beschenkt, in Gefahr kommen könnten. Erst bringt sie sie mit dem Mädchen Tamar zusammen, das fortan bei ihnen bleibt und von Azur eifersüchtig beäugt wird, und schließlich geraten sie in die Fänge des gemeinen Meister Galil, den Ibrahim nur durch einen schlauen Trick besiegen kann. Von nun an zieht auch der neunjährige Machmud mit ihnen weiter. Endlich in seinem Heimatdorf angekommen trifft Ibrahim nach fünfzig Jahren seinen Bruder Kemal wieder, aber bei diesem selbstgerechten und scheinheiligen Mann findet er weder Gastfreundschaft noch Vergebung. Schon bald zieht es Ibrahim wieder in den Hafen und auf die Mansim. Assad muss erst noch zu seiner Tante Salma zurückkehren, Tamar heiraten und zwei Kinder bekommen, bis er sich entschließt, das alte Handelsschiff seines Onkels wieder flott zu machen. Nach vielen Jahren rundet sich der Kreis als er auf einer Fahrt mit Turuk und seinen Piraten zusammentrifft, eine wahrhaft spannende Begegnung, die ihn auch ein letztes Mal mit Ibrahim vereint.

Assad gerät als wacher Kopf, der sich über alles seine Gedanken macht, immer wieder in heftige Gewissenskonflikte. Wie ist es möglich selbst genug zum Leben zu haben ohne andere ausnutzen zu müssen? Wie kann er sich wehren und sich Respekt verschaffen ohne Gewalt anzuwenden? Darf er seinen Treueschwur brechen? Wie läßt sich dem fiesen Meister Galil gegenüber Gerechtigkeit erwirken? Ist der ein besserer Mensch, der nie Schuld auf sich geladen hat, oder der, der sie ernsthaft bereut? Assad gerät in viele brenzlige Situationen, aus denen er moralisch aufrecht hervorzugehen versucht, wobei ihm seine Piratenerfahrung durchaus nützlich ist. Achtjährige Zuhörer - so die Altersempfehlung des Verlages - werden diese inneren Monologe weniger wahrnehmen als die aufregenden Piratenabenteuer Assads. Durch die weiterrreichenden Fragen ist das Buch aber auch noch für Zwölfjährige interessant. Wer also eine Vorlesegeschichte sucht, die Kinder verschiedener Altersstufen anspricht, ist mit dem "Piratensohn" gut beraten.

© Ulrike Schmoller
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