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Asa Gan Schweder:
Seidenraupenträume.

Freies Geistesleben, 2008.
ISBN: 978-3-7725-2073
177 Seiten, EUR 17,90 (ab 10 J.)

Eines Abends sitzt er still und leise auf der Veranda: LiPo, der berühmte chinesische Dichter, der schon über tausend Jahre alt ist. Josefin und Anemone haben seine Gedichte schon oft aus der Bücherei ausgeliehen und immer wieder gelesen, dann konnte Josefin beobachten, wie sich der Garten langsam verwandelte und dann saß er einfach da mit seinem langen Seidenmantel und ließ sich gerne zu einem Tee einladen. Da der Versuch, ihn als Kellner an Anemones Arbeitsstelle mithelfen zu lassen, misslingt, wird er Hauslehrer und -betreuer von Josefin. Die beiden ziehen gemeinsam los, um die Gegend zu erkunden, wobei sie Scheuvogel treffen, ein Boot herrichten und Jay und Snoopy aus der Sprayerszene der Stadt kennenlernen. Auch LiPo hinterläßt seine chinesischen Schriftzeichen unter den Brücken und manchmal betrinkt er sich nachts und tanzt im Mondschein im Garten. Nach einem durchtanzten Konzert findet ihr schönes Zusammensein ein jähes Ende: die Räumungsaufforderung für ihr geliebtes Haus liegt auf dem Tisch. Wenig später ist LiPo so unmerklich verschwunden, wie er gekommen ist. Josefin fühlt sich schrecklich traurig und braucht lange, bis sie den Abschied annehmen kann. Sie erinnert sich an LiPos Gedicht:

"Herbstgänse ziehen zehntausend Meilen gegen den Wind,
heute nacht sitzen und trinken und lachen wir noch zusammen in diesem Turm…
Schneide Wasser mit einem Messer, und das Wasser fließt dennoch weiter,
leere einen Krug Wein, um die Trauer zu vertreiben, und sie bleibt doch Trauer.
Du bekommst nie, was du dir im Leben erhoffst, also warum nicht
das Haar frei ausschütteln auf einem luftigen Boot im Morgengrauen?"

Die Autorin hat durchscheinende Bilder dazu gemalt, die gemeinsam mit der leichten Schrift und dem quadratischen Format einen sehr hellen Eindruck hinterlassen. Ihre Sprache ist reich an poetischen Wendungen, womit auch ganz alltägliche Szenen etwas vom Charakter eines chinesischen Gedichtes bekommen. Das ganz Alte und das Aktuelle, das Traurige und die Leichtigkeit, das Wahre und das Erdachte, alles hat hier seinen Platz.

Aber ist das auch etwas für Kinder ab 10 Jahre? Unserem elfjährigen leseerfahrenen Sohn hat es gut gefallen. Vor allem Scheuvogel hat es ihm angetan, die Gedichte LiPos konnte er allerdings nicht ganz verstehen. Ich würde dieses Buch zarten sprachbegabten Mädchen in die Hand geben.

© Ulrike Schmoller
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