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Guus Kuijer:
Das Buch von allen Dingen.

Oetinger, 2006.
ISBN: 3-7891-4022-8
96 Seiten, EUR 9,90 (ab 10 J.)

Thomas hatte eine unglückliche Kindheit. Wie kam es dazu, dass er schließlich doch glücklich wurde?

Thomas ist ein Träumerchen, so einer, in den alle Engel hoffnungslos verliebt sind, einer, der nicht nur Tropenfische in der Gracht sehen kann, sondern sogar den Herrn Jesus höchstpersönlich. Außerdem kann er in die Herzen der Menschen sehen. Er spürt, dass Elisa schön ist, auch wenn sie ein künstliches Bein und eine verkrüppelte Hand hat, und dass sie von seinen besonderen Fähigkeiten weiß. Er kann die Angst empfinden, die hinter der Gewalttätigkeit seines autoritären Vaters steht, als ob dieser sich wie ein ängstliches Kind hinter Gottes Rücken verstecken würde. Der Vater beruft sich auf die Bibel, wenn er sich als Familienoberhaupt verpflichtet sieht "hart durchzugreifen", denn er leitet aus ihr das Recht des Mannes ab, Frau und Kinder zum Gehorsam zu zwingen. Thomas erlebt bei einer der ungerechtfertigten Bestrafungen mit dem Holzlöffel wie Gott buchstäblich aus ihm herausgeprügelt wird und fortan schweigt. Doch noch viel schlimmer ist es für ihn, wenn seine Mutter Schläge einstecken muss. Thomas muss etwas tun, und als er den Entschluß gefaßt hat, bekommt er von vielen Seiten Hilfe. Da ist Jesus, da ist die Nachbarin Frau van Amersfoort, die alles über sein dunkles Geheimnis zu wissen scheint, da ist Elisa und da sind seine Schwester Margot und seine Mutter, die gleichfalls aufbegehren und sich wehren. Wie Margot schlägt Thomas den Vater erst mit seinen eigenen Waffen, indem er sich der sieben Plagen Ägyptens bedient, und schließlich nimmt Margot dann das Fleischermesser zu Hilfe. Gänzlich ausgespielt hat der Patriarch als sich Thomas' neugegründeter Leseclub bei ihnen zu Hause trifft. Vor so vielen lebenslustigen Menschen kann er nur kapitulieren und klein beigeben.

Thomas erlebt den klassischen Zwiespalt des mißhandelten Kindes. Hin und hergerissen zwischen der Furcht vor den willkürlichen Maßregelungen des Vaters und dem Versuch, die Familie zu schützen, indem er das große Geheimnis verbirgt, fühlt er sich hilflos und alleingelassen. Die Stärkung, die er durch Frau van Amersfoort erfährt, ist für ihn wie eine Initialzündung, die ihm offensives Handeln erlaubt, das bald Auswirkungen auf seinen ganzen Umkreis hat.

Auch wenn Thomas erleben muss, dass "die Taschentücher der Engel so nass waren, dass es selbst in den Wüsten zu regnen begann", ist die Geschichte von Leichtigkeit und hintergründigem Humor durchzogen. So kann sie trotz des ernsten Themas schon Zehnjährigen empfohlen werden.

© Ulrike Schmoller
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