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Mireille Geus:
Virenzo und ich.

Urachhaus, 2006.
ISBN: 3-8251-7485-9
117 Seiten, EUR 11,90 (ab 11 J.)

Ein elfjähriger Junge kommt bei einem Segelunfall ums Leben. Das Thema Tod ist im Kinder- und Jugendbuch kein Tabu mehr, doch kenne ich kein anderes, in dem der Ich-Erzähler stirbt. Virenzo ist ein temperamentvoller Junge, dessen Familie mit dem Nötigsten auskommen muss. Nichts wünscht er sich sehnlicher als so eine neue rote Kappe, wie sie sein bester Freund Jan trägt. Jan, dem die parallele auktoriale Erzählperspektive gehört, ist im Gegensatz zu Virenzo zurückhaltend und schüchtern,. Oft springt der Autor in der Handlung ein wenig zurück, so dass wir eine Szene zweimal aus unterschiedlicher Sichtweise erleben können. Dadurch schafft der Autor eine intensive Verbundenheit zwischen den beiden Jungen untereinander und dem Leser. Eine dritte Ebene bildet die Geschichte der Brüder Löwenherz, die von der Lehrerin bereits vor Virenzos Unfall vorgelesen wurde und schließlich nach seinem Tod der ganzen Klasse zum Trost wird. Das feste Versprechen der beiden Freunde, in Nangijala aufeinander zu warten, findet seine Antwort in einem Traum Jans, in dem Virenzo ihm zeigt, dass es ihm gut geht, mit einer roten Kappe auf dem Kopf.

Trotz Virenzos Konflikten mit seiner Mutter wegen seiner kleinen Vertrauensbrüche, seines daraus resultierenden schlechten Gewissens, seiner nervenden kleinen Geschwister und der einschneidenden Geldknappheit ist sich Jan sicher, dass Virenzo sein Leben gefiel. In seinen letzten Minuten unter dem Rumpf des Bootes gelingt es dem Ertrinkenden noch an etwas Schönes zu denken und sich mit guten Gedanken von den ihm nahestehenden Menschen zu verabschieden. Sein Sterben hat nichts Erschreckendes, sondern ist wie ein Hinübergehen in ein langes Schlafen.br>
Jan muss sich mit der quälenden Frage auseinandersetzen, ob er Schuld trägt, denn er hatte sich mit Virenzo gestritten und fuhr deshalb nicht auf dem gleichen Boot mit. Durch die bewußt erlebte Beerdigung und das Verständnis, das ihm die Erwachsenen und auch Virenzos Mutter entgegenbringen, kann Jan seine Trauer verarbeiten. Am Ende ist Jan der Ich-Erzähler, der sich bei der Dame-Meisterschaft souverän seinem Kontrahenten entgegenstellt, ganz wie es Virenzos Art war.

© Ulrike Schmoller
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