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Dolf Verroen:
Josefinchen Mongolinchen.

Freies Geistesleben, 2006.
ISBN: 3-7725-2043-X
111 Seiten, EUR 13,50 (ab 10 J.)

Was soll man dazu sagen, wenn ein Autor immer noch die Begriffe mongoloid und Mongolchen verwendet statt von Down-Syndrom zu sprechen und dies für eine erwachsene junge Frau, die gerne Zigarillos raucht und in einer Wohngemeinschaft ihr eigenes Leben führt !? Wenn sie auf den Bildern wie ein kleines Mädchen aussieht und ihr Name die Verkleinerungsform schon in sich trägt? Wird da nicht die Würde eines behinderten Menschen missachtet?

Beim Lesen dieses Buches ist einem die spitzfindige political correctness schnell schnuppe. Denn was zählt ist die Liebe, mit der Josefientje von ihrer Familie umgeben wird und die sie selbst zu verschenken hat, da ist der Ausdruck "Mongolinchen" einfach soviel wärmer als die Charakterisierung durch einen medizinischen Fachbegriff. Und die Illustrationen zeigen eine selbstbewußte Zwanzigjährige mit einem zwar kindlichen, aber stolzen Ausdruck, "Prinzessin Josefientje". Der Autor schlüpft in die Rolle von Josefientjes Bruder, um von einer jungen Frau zu erzählen, der er tatsächlich begegnet ist. Der zwölfjährige Jens, fühlt sich sich seiner großen Schwester gegenüber wie ein Ritter, der sie beschützen muss. Er ist stolz auf sie und kann sich doch nie an die Blicke der Menschen gewöhnen. Im Restaurant besteht Josefientje darauf, den Wein auszuwählen, bei einem Kellner, der sie wie ein Baby behandelt. Jens zögert lange, ob er in seiner Klasse fragen soll, ob seine Schwester an der Wahl zur Miss Holland teilnehmen darf, was sie sich sehr wünscht. Erst sind die Klassenkameraden ablehnend, doch dann hat Josefientje alle Sympathien auf ihrer Seite, vor allem die von Sanneke, die Jens gar nicht leiden kann. Josefientje ist sich jedoch mit ihrer unschlagbaren Menschenkenntnis sicher, dass Sanneke gut ist, und diese erweist sich tatsächlich als hilfsbereite, lustige Freundin. Josefientjes andere Wesensart erlaubt ihr, ihre Gefühle unmittelbar auszudrücken, sie ist sehr lieb und auf eine ganz besondere Art weise.

Sie führt ein selbstbestimmtes Leben und ist gleichzeitig in vielem noch wie ein Kind. Doch die Sorgen um Josefientje werden immer größer, denn sie hat ein schwaches Herz, was sie immer müder werden läßt bis sie schließlich nur noch schlafen will und ganz fortgeht. Ihre Familie kann sie, traurig aber vertrauensvoll, sterben lassen. Wie die ganze Geschichte ist auch Josefientjes Abschied mit klaren prägnanten Worten erzählt, die nah an der Sache bleiben ohne ins Nüchterne oder Gefühlsduselige abzugleiten. Alles darf so sein wie es ist. Es ist gut so.


© Ulrike Schmoller
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