Marjaleena Lembcke: Die Fremde im Garten.
Nagel und Kimche, 2005.
ISBN: 3-312-00954-4
144 Seiten, EUR 12,90 (ab 11 J.)
Die zwölfjährige Hillevi hat in ihrem kleinen finnischen Dorf einen Lieblingsplatz, einen verlassenen Garten mit überquellender Blumenpracht, an den sie sich gerne zurückzieht um sich Geschichten um das Haus und ihre ausgedachten Freunde zusammenzuträumen. Eines Tages sieht sie am Fenster, in "ihrem" Garten, eine Frau, über die sie gerne mehr wissen möchte, doch von ihren Eltern erfährt sie nur, dass Viola viele Jahre in einer Nervenheilanstalt war. Etwas scheint diese Frau zu umgeben, das dem Mädchen verschwiegen bleiben soll. Hillevis Gedanken kreisen um dieses Geheimnis so wie sie um das Haus herumschleicht, bis sie eines Tages von Viola angesprochen wird. Zwischen dem Mädchen und der älteren Frau, die sich ehrlich und integer äußert und sich ihren Stolz und ihre Unabhängigkeit auf ihre Art bewahrt, entspinnt sich eine sachte Freundschaft. Im Übernehmen kleiner Dienste für Viola enthüllt sich Stück für Stück deren Geschichte, die am Ende eng mit der Hillevis verbunden ist. Es ist eine herausgehobene Zeit, die sie mit Viola verbringt, in der der Alltag einer Heranwachsenden, sei es die erste Periode oder die erste Verliebtheit, für Momente zurücktritt. Die bürgerliche, behütende Welt der Fünfziger Jahre, die auf eine freundliche, aber watteartige Weise voller Tabus ist, und die kompromisslose, aber isolierte Lebensweise Violas verbinden sich durch Hillevis Person und ihr Interesse.
Die ruhige Schreibweise der Autorin läßt der Geschichte Zeit, sich zu entwickeln. Viele der in der Luft hängenden Fragen müssen nicht gestellt werden und beantworten sich selbst, wenn es an der Zeit ist. Hillevi erobert sich ein Stück eigenes Leben und ein Gespür für die Echtheit wächst in ihr, das ihr auch bei der Einschätzung ihrer Freunde hilft. Ein sehr schönes Buch!