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Beverley Naidoo:
Die andere Wahrheit.

Erika Klopp, 2002.
ISBN: 3-7817-1382-2
334 Seiten, EUR 16,90 (ab 13 J.)

Sternstunden in der Literatur sind selten. Bücher, in denen Jugendlichen tiefste Grundwahrheiten vermittelt werden und sie sehen: es lohnt sich, für eine richtige Sache einzutreten, auch wenn die Folgen grauenhaft sind, sind wie Wegweiser im Nebel. Sie geben Orientierung, machen Mut und vor allem gelingt solchen Büchern eines: sie wecken auf. Sie machen sensibel für Unrecht und Leid und lassen uns beschämt erkennen, wie gut es uns geht und wie einfach Wahrheit und Gerechtigkeit in einem demokratischen Land sind im Vergleich zu vielen anderen Ländern dieser Welt.

Sades Vater ist ein engagierter Journalist in Nigeria. Er kritisiert das Militärregime, dafür wird seine Frau erschossen. Als klar wird, dass die nächsten Opfer die Kinder sein werden, gelingt es dem verzweifelten Vater, seine Tochter Sade und seinen Sohn Femi nach London zu schmuggeln, wo sein Bruder lebt. Doch dieser erscheint nicht am Flughafen, so dass die Schlepperin die Kinder mitten in London stehen lässt. Was die Kinder nun erleben, ist eine Odyssee sondergleichen. Bis sie ihren Vater wieder in die Arme schließen können, erleben sie Schreckliches, doch zwischen all den Ängsten und Sorgen gibt es immer wieder Menschen, die eine hilfreiche Hand geben, wirken Schutzengel, die die Kinder und ihren mutigen Vater beschützen und laufen unsichtbare Fäden, die am Ende ein herrlich geknüpftes Mu ster ergeben.

Im Buch gibt es zwei Perspektiven des Erzählens – ein Er-Erzähler berichtet, was geschieht, manchmal fast sachlich, um nicht vor Entsetzen laut zu schreien. In kursiver Schrift gesetzt sind Träume Sades, in denen sie versucht, aus den Scherben ihres bisherigen Lebens eine Schrift herauszulesen, die ihr den Weg aus dem Labyrinth der Angst, der Sorgen und der Trauer zeigen kann. Sade findet einen Weg für sich und Femi, doch sie schafft es nicht alleine, sie braucht Hilfe und bekommt sie auch.

Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite eine mitreißende, packende Geschichte über die vielen Gesichter der Wahrheit, die, die man laut aussprechen darf, und die, die man bei sich behalten muss und es zeigt auf, wie Menschen in Militärregimes behandelt werden, aber auch, wie mit Asyl Suchenden umgegangen wird. Dass die Kinder als erstes in der neuen Heimat erleben, wie grausam Menschen sein können, denen es zu gut geht und die gerne Machtspielchen treiben, schmerzt und beschämt. Eine zutiefst anrührende Geschichte.


© Christine Krokauer
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