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Margherita d'Amico:
Der Zweite an Bord.

Hanser, 2002.
ISBN: 3-446-20190-4
136 Seiten, EUR 12,90 (ab 13 J.)

Beim Aufräumen findet Andrea, ein 14-jähriger Junge, der in einer glücklichen und behütenden Familie aufwächst, eine Muschel, das „Ohr der Venus", Zeichen der Kapitäne. Die Muschel löst eine ganze Kette von Erinnerungen aus an den Tag, an dem Andreas' Leben von Grund auf verändert wurde, dem Tag, an dem Andrea und sein Freund Alessandro die unterirdische Höhle finden und es nur für einen Jungen ein Entkommen gibt. Wie Mosaiksteinchen setzt sich im Lauf der Geschichte das Bild von Andreas Leben zusammen – seine Kindheit, seine Vorlieben, die Freundschaften, die Katastrophe und die Zeit danach, die seltsam ungreifbar ist, das Leben, aus dem Andrea flüchten möchte, die schmerzliche Realität, die ihn immer wieder einholt bis zu dem Tag, an dem sich der Kreis schließt und sich Andrea den Fragen stellt und Antworten bekommt.

Das Buch besteht aus lauter kurzen Kapiteln, die wie Schlaglichter kleine Szenen besonders beleuchtet hervorheben. Aus diesen winzigen Bildern entsteht nach und nach die Geschichte, der Versuch, einen ungeheuren Schmerz zu verarbeiten. Die Sprache ist ruhig, spröde, fast, als wehre sie sich dagegen, zuviel zu verraten, damit das Geheimnis um die Muschel lange gewahrt bleibt. So führt d'Amico den Leser behutsam in das Geschehen hinein, ohne die Zügel zu eng anzuziehen und ohne sich mitleidig anzubiedern. Rein von der unprätentiösen Sprache her ein Stück Literatur für Jugendliche, die berührt und leise klingt.


© Christine Krokauer
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