Hermann Schulz: Zurück nach Kilimatinde.
Carlsen, 2003.
ISBN: 3-551-58117-7
240 Seiten, EUR 14,50 (ab 14 J.)
Über tausende von Kilometern hinweg spürt der gutsituierte
Rolf Haferkamp, dass es seinem Freund, der als Missionar in Afrika lebt, nicht
gut geht, nicht nur daran dass er schon lange keine Nachricht mehr erhalten hat.
Mit dem ehemaligen Studienkollegen Geldermann, den er über all die Jahre immer
wieder materiell unterstützt hat, fühlt er sich stark verbunden, weil er von ihm
als Mensch beeindruckt ist: bescheiden und leidenschaftlich, fromm und jähzornig
zugleich lebt Geldermann kompromißlos sein Christsein, was ihn auch oft in Schwierigkeiten
bringt. Haferkamp macht dessen Sohn Nick ausfindig und schickt ihn nach Kilimatinde,
woraus für den jungen Mann eine Reise zu seinen eigenen Wurzeln wird. Fünf Nächte
lang kann er seinen Vater sprechen, den er seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen
hat, ihm Fragen stellen, ihm wütende Vorwürfe machen und manches mit ihm aufarbeiten.
In der Rückschau puzzlet sich das ganze Leben dieses intensiv lebenden Heiligen
zusammen, der nun schwerkrank und hilfsbedürftig in seiner Hütte liegt: Warum
er sich damals von seiner Familie getrennt hat, wie es ihm unter den Schwarzen
ergangen ist und vor allem wie er sich plötzlich von Gott verlassen fühlte. Nach
einem stillen Moment der Eintracht zwischen Vater und Sohn, kann Geldermann sein
Leben in Frieden und mit eigener Hand abschließen. Nick spürt wieviel er den Dorfbewohnern
bedeutet hat. Dass sich Hermann Schulz in Afrika zu Hause fühlt, ist an jeder
Stelle des Buches zu spüren, an vielen kleinen Einzelheiten und Erlebnissen. Die
Souveränität der Schwarzen, die die Missionare belächeln, ihre Intuition, die
sie im rechten Moment zur Stelle sein läßt und ihre Individualität beschreibt
er mit großem Respekt. Nick steht an einer Schwelle in seiner Biographie, an der
er sich von seiner Mutter unabhängig machen muss. Die Begegnung mit seinem Vater
hilft ihm sein eigenes Leben zu klären. Geldermann ist als Person mit all seinen
Widersprüchen absolut überzeugend. Lebensgenuß und Christentum sind für ihn untrennbar
verbunden, er ist ein Heiliger, der ganz nah am Leben dran ist. Auch mit diesem
fünften Roman zeigt Schulz, dass er großartig schreiben kann.