Abbing / van Cleef: Yacca Fieber. Verlag Urachhaus, 1998. 186 Seiten, DM 26.-- (ab 12 J.) |
In den Ferien hat es uns schwer erwischt. Wir bekamen das "Yacca-Fieber", eine ansteckende Lesesucht, die unseren Abwaschberg anwachsen ließ und dazu führte, dass sich zwei erwachsene Menschen um ein Jugendbuch rangelten.
Ganz ähnlich muss es den Mitschülern von Sam und Feya gegangen sein, die eines dieser neuen Yaccas bekommen haben, eine Art weiterentwickeltes Tamagotchi, das seinen Besitzer völlig in seinen Bann zieht. Als den beiden immer mehr seltsam vorkommt, wollen sie klären, was hinter diesem geheimnisvollen Spielzeug steckt und geraten auf eine gefährliche Spur. Die auf unerklärliche Art und Weise verschwundenen Yacca-Kinder werden in einer Pharmafabrik festgehalten und von einem Dr. Brandt für medizinische Tests mißbraucht. Durch diese will er ein Gegenmittel für die in dieser Gegend weit verbreiteten Geschwüre finden, wofür der Präsident einen Preis ausgesetzt hat.
Die beiden jugendlichen Helden sind so, wie man sich als Eltern seine Kinder in diesem Alter wünscht: gebildet, sozial eingestellt und mit viel Mut und Phantasie dazu bereit ihre Ziele zu verfolgen. Auch die Rollen der Lehrer und Eltern sind in diesem Buch positiv besetzt, obwohl selbst diese dann im entscheidenden Moment den finsteren Machenschaften des kriminellen Pharmazeuten nichts entgegensetzen können.
Abwechselnd berichten Feya und Sam in Tagebuchform von ihren Erlebnissen und Wagnissen, wobei sich die - sogar stilistisch unterschiedlichen - Aufzeichnungen bruchlos aneinanderfügen. Da ein Junge und ein Mädchen gleichberechtigt zu Wort kommen, spricht "Yacca-Fieber" beide Lesergruppen zugleich an, was bei Büchern für Zwölfjährige nicht selbstverständlich ist. Daß die erzählte Zeit des Buches in der nahen Zukunft liegt, trägt zu seinem Reiz bei.
Nach allen Regeln der Kunst entfalten die beiden im Team schreibenden Autorinnen eine Kriminalgeschichte, in der es auf jeden Satz ankommt und sich kleinste Andeutungen später als wichtig erweisen. So gerät der Leser in einen mächtigen Spannungssog. Sams Bruder und seine Schwester Lena werden in die Sache hineingezogen, dann schleust sich Feya heimlich in die Fabrik ein und am Ende geht es um Leben und Tod der hundert Kinder, die sie schließlich gemeinsam mit Sam auf ungewöhnliche Art rettet. Dieses Buch kann man nur atemlos und mit klopfendem Herzen lesen, während ganz nebenbei durch die abenteuerliche Handlung auch eine gute Portion Zeitkritik und Moral transportiert werden.
"Yacca-Fieber" gesellt sich zu einigen neuen Jugendbüchern bei Urachhaus, die aktuelle Themen behandeln, was schon der Einband in den Modefarben grün und orange mit dem holographischen Schriftzug signalisiert. Es ist zu hoffen, dass viele der Jugendlichen, die dieses Buch verschlingen, auch merken, dass es eigentlich davon handelt, wie leicht man sich von Ich-schwächenden Zeiterscheinungen einfangen läßt. Sam und Feya können mit ihrer kritischen Aufmerksamkeit gute Vorbilder sein, solche Angriffe auf das Ich aufzuspüren und zu bekämpfen. Wir wünschen ihm weite Verbreitung.