Andreas Steinhöfel: Der mechanische Prinz.
Carlsen, 2003.
272 Seiten, EUR 16 (ab 12 J.)
Ob Max es schafft sein Herz zu retten bevor es der Eisenvogel
davonträgt? Kommt er nicht rechtzeitig im Turm der Herzen an, hat er die Prüfung
des mechanischen Prinzen nicht bestanden und er wird ein Pfand von ihm fordern
und, was das Schlimmste wäre: sein Leben würde weitergehen wie bisher. Seine Eltern
würden ihn nicht wahrnehmen, weil sie nur mit ihren eigenen Streitereien beschäftigt
sind, er würde weiter ziel- und heimatlos mit der U-Bahn durch Berlin streifen,
allein mit seiner Wut und seiner endlosen Traurigkeit bis auf seinen Freund Jan,
seinen starken mutigen Beschützer - das egalste Kind der Welt.
Als ihm der einarmige Bettler das goldenen Ticket gibt, kann er noch nicht ahnen,
was ihm als Kartenkind bevorsteht. Von Marlene, der Taubenfrau, von Elfie an ihrem
Kiosk und von Tanita, die Tanelorn bereits erreicht hat, erfährt er, wie er in
die Refugien kommt, was ein Herzfinster ist, und dass er sich vor dem mechanischen
Prinzen hüten soll, der ihn auf verschlagene Art auf die Probe stellen wird. Max‘
Refugien konfrontieren ihn auf erbarmunglose Art mit sich selbst: In Nimmerland
landet er an seinem eigenen Tränenmeer und droht sich in seiner Traurigkeit zu
verlieren, dann sieht er seine Eltern, die sich in ihrer Selbstbezogenheit verfangen,
und er muss ein Felsmassiv nieder brüllen, das an seiner Sprachlosigkeit wächst.
Er schafft es sich einer Angst zu stellen statt davonzulaufen und am Ende gelingt
es ihm sein Herz gegen Jan zu verteidigen und sich von diesem ausgedachten Schatten
loszusagen. Der Prinz hat Max sein Schicksal zu Füßen gelegt und er hat es in
die Hand genommen.
Andreas Steinhöfel fesselt seine jungen Leser auf geschickte Art. In der Rahmenhandlung
läßt er sich - erst abweisend, dann zusehends gespannt und neugierig - als Autor
von Max seine Geschichte erzählen. Für wen hat er es geschrieben? Jungen wie Max,
Großstadtkinder, Egalkinder, solche, die auf der Kippe stehen, die am Abgrund
balancieren zwischen dem Guten und dem Bösen - typische Nichtleser. Mit dem metallisch-
kalten Cover, der U-Bahn-Atmosphäre, den Fantasy- und Computerspiel-Elementen
trifft er ihren Nerv, lenkt sie auf die Ebene der inneren Bilder und ist sogar
so frech als Autor seine Meinung über Werbung und Dantes Göttliche Kommödie einzuflechten,
um am Ende dahin zu kommen, dass wir ohne Liebe alle aufgeschmissen sind und dass
man erst die eigenen Angst und Hässlichkeit besiegt haben muss um die tiefe Schönheit
der Welt zu erkennen. Er hat seine Botschaft gut verpackt. Alle Achtung!