LITTERULA ‑ REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑ www.litterula.de © www.litterula.de
Winterpony

Iain Lawrence:
Winterpony.

Freies Geistesleben, 2020.
ISBN: 978-3-7725-2968-9
320 Seiten, EUR 19.-- (ab J J.)

Scott und Amundsen sind im Rennen um die Eroberung des Südpols. Es ist historisch belegt, dass Scott in seinem Tross auch 20 helle Ponys mitführte, von denen eines „James Pigg“ genannt wurde. Der ist ein guter Beobachter, stellt Fragen und denkt nach, so dass sein Bericht der Expedition dem Leser hautnah die Extrembedingungen dieses Vorhabens vor Augen führt. Obwohl die Ponys allesamt Klepper sind, werden sie in der unwirtlichen bedrohlichen Todeszone des ewigen Eises der maximalen physischen und psychischen Belastung ausgesetzt. James Pigg ist „ein guter Junge“, den alle mögen und der eifrig arbeitet um die Zuneigung seiner Pfleger zu gewinnen. So gnadenlos die Männer die Ponys als Mittel zum Zweck nutzen, so sind sie doch auch mit ihnen in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden und ihr Leben hängt von ihnen ab. Doch je länger die Expedition geht, desto mehr Opfer gibt es, sei es durch Erschöpfung, den Gnadentod oder weil die Ressourcen zur Neige gehen. Dramatische Szenen spielen sich ab, die manches Mal durch den unbedingten Zusammenhalt zur Rettung führen, meist aber zu einer Entscheidung führen, wer zurückgelassen werden muss. Trotz aller Tiefschläge ist Scott nur von einem Ziel getrieben: als Erster den Südpol zu erreichen.

Neben dem Pony James gibt es auch noch einen Erzähler, der parallel von den Fortschritten Amundsens berichtet und der nach dem Tod des Ponys weiter erzählt. Es ist erstaunlich, was Lawrence in dieser leeren weißen Umgebung und mit den Augen eines Pferdes für ein Universum entfaltet. Der Südpol fungiert auch für die Spannung als magnetischer Fluchtpunkt. Was sich zwischen den Menschen und Tieren abspielt und wie sie füreinander einstehen, durchhalten, sich überwinden und sich in kleinsten Schritten voran kämpfen, ist von einer elementaren Kraft durchpulst, die andere Biographien oder Entdeckergeschichten zu diesem Thema energisch in den Schatten stellt. Ein herbes, ehrliches Buch.

© by Ulrike Schmoller
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