Philip Pullman: Ans andere Ende der Welt. Carlsen, 2020.
ISBN: 978-3-51-58394-9
750 Seiten, EUR 27.-- (ab 16 J.)
Die Reihe „His dark materials“ von Philip Pullman
findet nun in ihrem fünften Band ihre Fortsetzung. Nachdem zuletzt die
Vorgeschichte (“Über den wilden Fluss“) erschienen ist, in der Lyra
noch ein Baby ist, lernen wir sie nun als junge Studentin kennen. Ihr
Gegenspieler Delamare, der mit seinem Magisterium und dessen
Geheimdienst die unbegrenzte Macht an sich reißen will, lässt sie von
Olivier Bonneville verfolgen um an ihr Alethiometer zu kommen. Außerdem
versucht er mit allen Mitteln an ein wertvolles Rosenöl zu kommen, mit
dem man nicht nur das Alethiometer neu lesen, sondern auch Staub
sichtbar machen kann. Deshalb begibt sich Lyra auf eine beschwerliche
und ungewisse Reise in den Orient, auf der sie sich detektivisch von
einem zum anderen Hinweis durchfragen muss und in ständiger Gefahr
schwebt. Besonders schwierig ist für sie, dass sich ihr Daemon
Pantalaimon im Streit von ihr getrennt hat, worunter sie beide sehr
leiden. Auf ihrer abenteuerlichen Fahrt muss sie ständig auf der Hut
vor Verfolgern sein, sie findet aber auch immer wieder hilfreiche
Menschen, die sich für sie einsetzen und dem „geheimen Reich“
zuarbeiten. So gerät sie in ein schier undurchdringliches Geflecht aus
Intrigen, Tricks und Fallen, in dem auch Gewalt und Mord zur
Tagesordnung gehören. Ob sie in al-Khan al-Azraq ihren Daemon wieder
finden wird? br>
Pullman fährt auf, was nur geht. Unzählige Begegnungen, Hinweise,
Anschläge und Rückblicke schüttelt er wie in einem Kaleidoskop immer
wieder neu durcheinander und hält den Leser mit stückweise
vorgeworfenen Enthüllungen bei der Stange. Bei aller Verwirrung treibt
er einen auf diese Art schnurstracks durch die 750 Seiten. Die
zahlreichen Nebenhandlungen und das hohe Sensationsniveau sind mitunter
auch der zeitgleichen Umsetzung als Fernsehserie geschuldet. Die
Altersempfehlung ab 14 Jahren würde ich deutlich nach oben korrigieren,
analog zum Hinweis des Autors, dass die Protagonisten keine Kinder mehr
sind und es wirklich hart her geht. Ein nettes Buch ist das nicht. Wenn
ich Farben vergeben könnte, wäre der „Kompass“ weiß-golden, „Über den
wilden Fluss“ blau-grün und dieser Band grau-braun, staubig und blutig.