LITTERULA ‑
REZENSIONEN von Dipl. Bibl. Ulrike Schmoller ‑
www.litterula.de
Katrin
Bongard: Es
war die Nachtigall. Hanser,
2020.
ISBN:
978-3-446-26609-4
272
Seiten, EUR 16.--
(ab 14
J.)
In
dem Moment, in dem es zwischen Marie und Ludwig funkt, prallen zwei
Welten aufeinander: die der Jaggies und die der Jäger. Die Jaggies
sind die Jugendorganisation von Greenpeace, bei der sich Marie
engagiert. Sie lebt vegan und ist wegen einer Protestaktion bereits
vorbestraft. Ihre Mutter ist Journalistin und arbeitet an einem
kritischen Artikel über die Jagd. Ludwig ist ein „von Brockdorff“
und lebt auf einem Landgut mit eigenem Wald. Seine Mutter ist die
Präsidentin des Jagdverbands. Ludwig hat gerade seine Jagdprüfung
bestanden. Aber wie kann man dem Wald am besten gerecht werden? Indem
man die Tiere in Ruhe lässt oder indem man sie gezielt jagt? Alle
wollen nur das Beste für die Natur. Ein Dilemma, das die erste Liebe
zwischen den beiden Jugendlichen und ihrem Umfeld überschattet, sei
es in der Fußgängerzone, am Familientisch oder in deren Cliquen.
Durch ihr Interesse aneinander, ihre Offenheit sich aufeinander
einzulassen und sich zuzuhören, können sie die Perspektive wechseln
und den Dingen auf den Grund gehen, freilich ohne eine abschließende
Antwort zu finden. Die Autorin wird der Vielschichtigkeit der Figuren
gerecht, indem sie sie abwechselnd zu Wort kommen lässt, so dass
auch deren Zweifel an ihrer eigenen Haltung sichtbar werden. Auch
wenn Ludwig mit blutigen Händen ein Wildschwein ausnimmt, steckt
mehr dahinter. Die Gefühle sind gemischt und nie schwarz-weiß. Die
Parallelen zu Shakespeare sind unübersehbar und so steuert alles auf
ein dramatisches Ende hin. Lassen sich die Gräben überwinden und
kann aus Hass Liebe werden? Ein packendes Jugendbuch, das den Nerv
der Zeit trifft.