Seit er in Deutschland ist, nennt sich Shayan Sean. Er hat schon ein wenig Deutsch gelernt und versucht die zwischenmenschlichen Regeln, die hier herrschen, zu verstehen und richtig anzuwenden. Das führt zu abstrusen und hoch amüsanten Ergebnissen, sowohl in den Dialogen wie in seinen Gedankenschlüssen, die er uns als Ich-Erzähler mitteilt. Dass er immer wieder glimpflich aus dem Chaos herausfindet, das er anrichtet, und dass er doch immer wieder Dusel hat, liegt an dem achtjährigen Davy, der seinerseits mit einer Kombination aus Berliner Dialekt und Sprachfehler ausgestattet ist. Davy gewinnt einfach alle Herzen für sich und das können die beiden gut gebrauchen. Seit sie einen Raubmord in einem Ferienhaus beobachtet haben, sind die beiden nicht mehr nur auf der Flucht vor der Polizei sondern auch vor den Banditen. Sie schlagen sich gewitzt durch und meistern auch die unmöglichsten Situationen mit ihren Tricks und Einfällen und kommen dabei durch ganz Deutschland. Welche Rolle spielt das Erdbeermädchen Lotta eigentlich wirklich? Und warum tauchen immer wieder Kühe und Hasen zu ihrer Rettung auf?
Bücher á la Tschick scheinen gerade Hochkonjunktur zu haben. Dieses „Heldenepos“ von Antonia Michaelis ist herrlich haarsträubend und die Sprachspielereien sind so sagenhaft witzig, dass es viel zu Lachen gibt. Die Verständnisfehler Shayans führen etwa dazu, dass es „Lebendkäse“ und „Rohkotzsalat“ zu essen gibt, aber „das ist nur die Spitze des Eisbärs“. Er erklärt sich die Welt mit seinem bereits erworbenen Wissen und überträgt Erfahrungswerte auf neue Situationen, was nur unzureichend klappt. Gleichzeitig scheut er sich nicht, unverfroren und mit Chuzpe jede sich bietende Chance zu ergreifen. Er erweist sich tatsächlich als Held mit goldenem Kern. Sein Sprachwitz und die Situationskomik, die turbulente Flucht und die in ihre Rettung stolpernden Protagonisten machen „Tankstellenchips“ für mich zum Lieblingsbuch des Jahres 2018.