Erna Sassen: Dies ist kein Tagebuch. Freies Geistesleben, 2015.
ISBN: 978-3-7725-2861-3
179 Seiten, EUR 17,90 (ab 14 J.)
Es sieht aus wie eine schwarze Kladde. Kein Tagebuch, wie Boudewijn klarstellt, das wäre ja peinlich für einen Sechzehnjährigen. Nein, er schmiert hier nur widerwillig etwas hinein, weil sein Vater ihn sonst in die Psychiatrie zu schicken droht. Das tut er allerdings mit großer und schonungsloser Ehrlichkeit und da es „Für Unbefugte verboten“ ist, schreibt er auch seine abgründigsten Ängste auf. Außerdem soll er jeden Tag eine CD hören, zum Beispiel das Stabat Mater von Pergolesi, das seine Stimmung treffend spiegelt. Schon diese scheinbar leichten Aufgaben überfordern Boudewijn und er kann sich durch seine Depression nur mühsam dazu aufraffen, das Bett zu verlassen. Sein einziger Lichtblick und seine Brücke zur Welt ist seine kleine Schwester Fussel, bei der er sich immer sicher fühlt. In Rückblicken erzählt Boudewijn vom Selbstmord seiner Mutter, seiner Wut darüber, dass sie ihre Familie allein gelassen hat und seinen Schwierigkeiten in der Schule. Er erinnert sich auch an die Sache mit seiner ersten Liebe Pauline, die er so gründlich verbockt hat. Durch das Schreiben und die Musik kommt er wieder an seine Gefühle heran, die bald richtig heftig werden und kann ihnen ins Auge sehen. Der steinige Weg zurück ins Leben steht ihm offen.
Boudewijn gräbt sich mühsam, aber aus eigener Kraft aus dem Sumpf heraus. Seine Aufzeichnungen sind für den Leser so spannend, weil er wirklich alle Schleier aufzieht und einen in völliger Offenheit an seinem Innersten teilhaben lässt.