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Reise gegen den Wind Peter Härtling:
Reise gegen den Wind.

Beltz Verlag, 2000.
146 Seiten, DM 24,80 (ab 12 J.)

Eine tolle Sache, so eine Draisine! Sie rollt auf Schienen, wird von Hand betrieben und kann bei kräftigem Einsatz ganz schön in Fahrt kommen. Will man wieder zurück, so braucht man nur den Sitzplatz zu wechseln, um in die andere Richtung fahren zu können. Auf jeden Fall kann man sich den Wind auf einer Draisine richtig um die Nase wehen lassen. Dem zwölfjährigen Primel fliegen bei seinen Ausflügen außerdem mehrmals Gewehrkugeln um die Ohren.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ist Primel zusammen mit seiner Tante Karla, die ihn nach dem Tod seiner Eltern aufgenommen hat, auf der Flucht im österreichischen Laa an der Thaya gelandet. Hier warten die beiden lange auf einen Zug, der sie weiter nach Wien bringen soll, denn ein geregelter Fahrplan besteht noch nicht wieder. Primel vertreibt sich die Zeit mit seinen neuen Freunden und spielt mit dem Hündchen, das ihm zugelaufen ist. Dann gibt es dort auch noch den mysteriösen Herrn Maier, von dem er sich magisch angezogen fühlt, obwohl ihn alle warnen, er sei ein Schwindler, ein Schieber und bei der SS gewesen. Herr Maier rettet Primel zweimal aus schwierigen Lagen und zeigt den Kindern den Umgang mit der Draisine. Als er ihn allerdings durch einen Botendienst in Lebensgefahr bringt, will Primel nichts mehr mit ihm zu tun haben. Wenig später findet er ihn erschossen im Wald.

Für Primel bedeutet die Draisine etwas Freiheit in einer schwierigen Zeit, in der alles in der Schwebe ist und niemand weiß, wo es hingehen soll. Die neue Ordnung ist noch nicht wieder hergestellt, was vorher gut schien, wird nun verfolgt und viele mogeln sich durch ohne ihre wahre Identität preiszugeben. Primels Beziehung zu Herrn Maier spiegelt die allgemeine Verwirrung, die Suche nach Orientierung und bildet ab wie nah Recht und Unrecht beieinander liegen. Dabei verbreitet Härtling keine verzweifelte Stimmung, sondern läßt ein Aufatmen über das Ende des Krieges spüren, das auch ein Aufbruch zu Neuem ist.

Eine gute Portion frischer Gegenwind für alle ab zwölf!

© Ulrike Schmoller
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