Maren Gottschalk: Schluss. Jetzt werde ich etwas tun.
Beltz und Gelberg, 2012.
ISBN: 978-407.81122-6
268 Seiten, EUR 16,95 (ab 14 J.)
Sophie Scholl war 21 Jahre alt, als sie hingerichtet wurde. Als
Widerstandskämpferin ist sie durch Filme und Bücher präsent und bekannt.
Aber wer war sie, bevor sie als Studentin Flugblätter verteilte? Maren
Gottschalk hat neue Quellen, die erst nach dem Tod von Inge Scholl, der
ältesten Schwester Sophies, zugänglich wurden, gesichtet und den
Briefwechsel mit ihrem Freund Fritz Hartnagel einbezogen um diese Frage
beantworten zu können.
Aufgewachsen ist Sophie mit ihren drei Geschwistern in einer offenen,
lebendigen Familie, in der viel gelesen und musiziert wurde. Mit
Entsetzen sehen die Eltern die Begeisterung ihrer jugendlichen Kinder
für die Hitlerjugend, in die alle bestehenden Jugendverbände wie
Wandervögel und Pfadfinder übernommen werden. Sowohl Hans wie Sophie
lassen sich von Fahrten, Aufmärschen und Liedern mitreißen und werden
rasch zu Anführern innerhalb ihrer Gruppen. Die geforderte Härte kommt
Sophies Jungenhaftigkeit und die Fahrten ihrem Freiheitsbedürfnis
entgegen. Liest man das widersprüchliche Gelöbnis "Jungmädel wollen wir
sein. Klare Augen wollen wir haben und tätige Hände. Stark und stolz
wollen wir werden: zu gerade, um Streber und Duckmäuser zu sein, zu
aufrichtig, um etwas scheinen zu wollen, zu gläubig, um zu zagen und zu
zweifeln, zu ehrlich um zu schmeicheln, zu trotzig um feige zu sein.",
kann man Sophie durchaus darin wiederfinden. So genau es die Quellen
zulassen, geht Gottschalk der Frage nach, was Sophie damals wirklich
empfunden hat, wie viel sie tatsächlich mitbekommen hat, und wann es zum
Bruch kam, der sie die Gegenbewegung einschlagen ließ. Es gelingt ihr,
viele Ebenen zu zeigen und Tatsachen und Vermutungen klar zu trennen. In
offene Fragen bezieht sie die Leser mit ein, so dass ein ganz neuer
Blick auf die Heldin Sophie Scholl entstehen kann, der sie jenseits von
Straßenschildern und Schulnamen als werdenden Menschen greifbar macht.