Inge Barth-Grözinger: Etwas bleibt.. Carlsen, 2010.
ISBN: 978-3-551-35622-2
448 Seiten, EUR 8,95 (ab 13 J.)
Ich muss sagen, dass ich dieses Buch immer mit zwiespältigen Gefühlen geöffnet habe. Einerseits war ich völlig von der Geschichte absorbiert und wollte wissen, wie es weitergeht, gleichzeitig ging es mir aber sehr nahe, dass es den Levis immer schlechter gehen würde. Mitten im Buch stellt Erich fest: "Das Schlimmste war wirklich eingetreten…Aber was war eigentlich das Schlimmste? Immer, wenn man dachte, es sei nun eingetreten, kam noch etwas Schlimmeres nach." Die Veränderung beginnt ganz allmählich nach Hitlers Machtergreifung 1933. Aus der Sicht des zwölfjährigen Levi erfahren wir, wie sich der Antisemitismus schleichend und perfide ausbreitet und seine Macht in den Köpfen der Menschen entfaltet. Die soziale Isolation bekommt die Familie des angesehenen Viehhändlers Levi in der kleinen Stadt Ellwangen hart zu spüren: den wirtschaftlichen Niedergang des Vaters, das Geschnittenwerden durch Klassenkameraden und frühere Freunde, die Demütigungen durch die Lehrer. Am Schmerzlichsten ist für Levi, dass diejenigen unter Repressalien zu leiden haben, die sich auf ihre Seite stellen. Seine Liebe zu Gertraud, der Nichte seines linientreuen Lehrers, hat keine Zukunft. Offene Gewalt, perfide Schikane und Ungerechtigkeit lassen jegliche Lebensgrundlage und Menschenachtung wegbrechen, und man möchte den Levis als Leser unentwegt zurufen: flieht, solange es noch geht!
Am Ende gelingt ihnen gerade noch die Ausreise nach Amerika. Von dort flogen vor einigen Jahren Erichs Sohn und dessen Enkel nach Ellwangen, um eine von der Autorin und den Schülern ihres Gymnasiums organisierte Ausstellung zu eröffnen. Diese hatten sich eineinhalb Jahre lang auf die Spurensuche nach den letzten jüdischen Schülern ihrer Schule begeben und nachgeforscht, wer Erich Levi war. Inge Barth-Grözinger verarbeitet seine Biographie aus den recherchierten Tatsachen und fiktionalen Elementen zu einem wichtigen Zeitzeugnis.