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Marlen Nelen:
Glasflügler.

Urachhaus, 2010.
ISBN: 978-3-8251-7738-6
254 Seiten, EUR 14,90 (ab 12 J.)

Der besondere Titel und das durchscheinende Cover dieses Buches haben mich sehr angesprochen. Es zeigt einen zarten Jungen, der wie ein Schmetterling unentrinnbar in einem stacheligen Netz gefangen ist, wo er sich in Unscheinbarkeit aufzulösen droht. Genau so geht es dem vierzehnjährigen Nour. Nach der Trennung seiner Eltern bricht seine ganze Lebenswelt in sich zusammen. So wie sein Vater sich aus dem Berufsleben als Geiger zurückzieht, schwänzt Nour die Schule und spinnt sich immer mehr in seine Insektensammlung ein, den einzigen sicheren Bereich, der ihm geblieben ist, nachdem sie auch noch in eine billige, hellhörige Hochhauswohnung umziehen mussten. Was ihm am meisten zu schaffen macht, sind die perfiden Nachstellungen seines neuen Klassenkameraden Anko. Nour verliert wirklich jegliche Perspektive. Sein einziger Lichtblick ist die intelligente, außergewöhnliche Jutta, durch die er allmählich wieder Tritt fasst und sich aus dem Netz der Traurigkeit befreit.

Das Insektensammeln ist ein treffendes Bild für Nours Situation. Betäubt und mit Nadeln auf eine Platte gespießt, offenbaren sich diese in ihrer ganzen Zerbrechlichkeit. Am Ende ist es ein Glück, dass Anko diese perfekte, sterile Welt Nours zerstört und mit Gewalt in sie einbricht. Die Autorin schlägt leise Töne an und macht auch die Beweggründe Ankos sichtbar. Schließlich kann aus Nours Zerbrechen ein Aufbrechen werden.

© by Ulrike Schmoller
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