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Meg Rosoff:
Damals, das Meer.

Carlsen, 2009.
ISBN: 978-3-551-58196-9
236 Seiten, EUR 14,90 (ab 14 J.)

Es war ein Freundschaftstanz, die Zeit zwischen dem sechzehnjährigen Internatsschüler Hilary und dem Jungen Finn, der ganz auf sich gestellt in einer kleinen Fischerhütte lebt. Der Kontrast zwischen dem kargen, spartanischen Internat und Finns warmem Holzfeuer könnte nicht größer sein. Finn, der auf eine anmutige, kompetente Art eins mit sich und dem rauen Meer ist, hat alles, was Hilary fehlt, der ziellos, gleichgültig und geschwätzig durch sein Schülerleben treibt, einzig darauf bedacht, die unausgesprochenen Internatsregeln einzuhalten und sich auf eine sarkastische Art Respekt zu verschaffen. Um Finn zu treffen, was schon bald sein einziger Gedanke ist, muss er komplizierte Ausflüchte finden und seinen Zimmergenossen Reese abschütteln, der sich wie ein klebriger Schatten an seine Fersen heftet. Bei Finn sucht er nichts mehr als eine Bestätigung seiner Existenz, einen Anflug von Lächeln, er sieht sich ganz durch die Augen Finns und definiert sich selbst so sehr durch ihn, dass er am liebsten ganz in dessen Haut schlüpfen würde. Immer schwingt eine Ungewissheit mit, was Finn eigentlich denkt und fühlt, ein Ausgeliefertsein an den Stärkeren. Gleichzeitig erscheint Hilarys Blick seltsam verstellt und gänzlich selbstbezogen, er nimmt seinerseits in Finn nur das wahr, was er sehen will. Sein Harmoniebedürfnis führt unweigerlich in eine Katastrophe, in die er Finn, Reese und sich selbst hineinzieht. Erst in dem Moment, in dem er Verantwortung für den kranken Finn übernimmt, in dem er von seiner Schuld überrollt wird, wird im Lauf des Buches das erste Mal sein Name genannt. Als fast Hundertjähriger blickt er erzählend auf diese Zeit als Jugendlicher zurück, in der er die Liebe entdeckte.

Das unerbittliche Meer, das schließlich die Halbinsel und sogar das Internat verschlingen wird, bildet mit seinen Gezeiten und mit seiner Rauheit, die sowohl Nahrung bieten wie alles mit sich reissen kann, den Background dieses Romans.


© by Ulrike Schmoller
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