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Christa Ludwig:
Fliegender Wechsel (Hufspuren Band 1).

Freies Geistesleben, 2008.
ISBN: 978-3-7725-2361-8
219 Seiten, EUR 12 (ab 12 J.)

So ein Pferdestall hat etwas Magisches. Schon beim Betreten liegt eine besondere Stimmung in der Luft, die durch die dort lebenden Pferdepersönlichkeiten geprägt ist. Aber auch das Miteinander der dort ein- und ausgehenden Menschen trägt entscheidend dazu bei, ob in einem Stall dicke Luft und Anspannung herrscht oder ob die Freude am gemeinsamen Tun überwiegt.

Im ersten Band der neuen "Hufspuren"-Reihe von Christa Ludwig lernen wir den Ulmenhof kennen, das zweite Zuhause von Jana, Felix, Alberta und Theres, die so unzertrennlich sind, dass sie "Rundumbeschlag" genannt werden sowie vor allem Askan, einen fuchsfarbenen Wallach, und seine Freundin Dolly. Felix liebt seine Dolly über alles, obwohl ihm dieses Spitzenpferd natürlich nicht gehört, und genau daraus entwickelt sich ein Riesenproblem, das die Freundschaft des Rundumbeschlags tüchtig auf die Probe stellt. Auf einem Vielseitigkeitsturnier wird Dolly von einem offensichtlich sehr reichen Engländer taxiert, und es ist klar: je besser sie bzw. Felix mit ihr beim Jugendspringen abschneidet, desto höher sind ihre Verkaufschancen. Felix möchte weder sein geliebtes Pferd noch das Turnier verlieren, so dass er in einen unlösbaren Zwiespalt gerät. Jana weiß um seinen Schmerz, doch zugleich kennt sie noch einen anderen Grund, warum "Mr. Meister" Dolly unter keinen Umständen bekommen darf. Für sie ist es das Schwerste, dass sie ihr Wissen mit keinem teilen darf und heimlich handeln muss. Dazu muss sie auch zu Mitteln greifen, die sie in Gewissenskonflikte bringen, und sie braucht ihre ganze Courage um damit ganz allein fertig zu werden. Dass am Ende Dolly und ein kompletter Rundumbeschlag nach Hause fahren können, ist aber nicht nur ihr zu verdanken. Wer die anderen Bücher von Christa Ludwig kennt, ist von diesem vielleicht erstaunt: es ist viel bodenständiger, lebensnaher und realistischer sowie auch sprachlich pragmatischer als seine Vorgänger. Was die Pferde angeht, geht sie ganz ins Detail und verwendet die entsprechenden Fachbegriffe, die im Anhang noch einmal erläutert werden. Hier fließen ihre eigenen Erfahrungen und ihr Wissen unmittelbar ein, und wenn sie die Eigenarten im Aussehen oder Wesen eines Pferdes schildert, ist sie ganz in ihrem Element. Von der Feiertagskrankheit bis zum Ablauf eines Turnieres stimmt hier alles. Das Zwischenmenschliche spielt eine ebenso große Rolle, wodurch man die Personen zunehmend liebgewinnt und sie einem ans Herz wachsen. Es ist, als ob man selbst mehr und mehr Teil dieser Stallgemeinschaft wird und sich mit deren großen wie ganz alltäglichen Problemen auseinandersetzen muss. Dabei spielen sich die Ereignisse im ersten Band weniger im Inneren der Personen als im sozialen Miteinander ab. Auch wenn sie relativ einfach charakterisiert sind, sind manche Figuren doch nicht sofort einzuschätzen, so dass sich eine spannende zwischenmenschliche Dynamik entwickelt.

Damit ist Christa Ludwig sozusagen in die "Vielseitigkeitsprüfung" gegangen: nach einigen geschichtlichen und manch feinsinnigen, poetischen Werken und ihrem letzten phantasievoll- philosophischen Buch gibt es nun also auch ein ganz "irdisches" von ihr. Vor allem weiblichen jugendlichen Pferdefans schreibt sie sich mit diesem "Kraftfutter" mit Sicherheit direkt in die Herzen und füllt damit eine Lücke im anthroposophischen Buchbereich. Der Reihencharakter tut sein Übriges, seine Leserinnen auf lange Sicht emotional bei der Stange zu halten.


© by Ulrike Schmoller
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