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Joyce Carol Oates:
Nach dem Unglück schwang ich mich auf,
breitete meine Flügel aus und flog davon.

Hanser, 2008.
ISBN: 978-3-446-20986-2
268 Seiten, EUR 16,90 (ab 13 J.)

In the country of the blue, there is no you. Jenna läßt sich gerne dahintreiben, in dem, was sie "Das Blaue" nennt. In diesem embryonalen Schwebezustand kann sie ihrer Mutter nahe sein und muss für nichts Verantwortung übernehmen, hier gibt es keine physischen Schmerzen, keine Schuldgefühle und niemand erreicht sie dort. Doch je besser es ihr nach ihrem schweren Autounfall geht, umso mehr werden die Schmerz- und Beruhigungsmittel heruntergefahren und sie muss einen überaus schmerzhaften Aufwachprozess durchmachen, während dessen sie sich wünscht, besser gestorben zu sein. Immer wieder holen sie die Bilder des Unfalls ein, der ihrer Mutter das Leben gekostet hat. In der Zeit-nach-dem-Unfall, schwört sie sich, wird sie sich nie wieder verletzen lassen. Nicht von ihrem Vater, der sie zu sich holen will, nicht von der Familie ihrer Tante, zu der sie schließlich zieht und schon gar nicht von ihren neuen Mitschülern. Sie weist alle Zuwendung zurück und macht sich so zur Außenseiterin. Auch von Crow, der spürt, was mit ihr los ist, will sie sich nicht helfen lassen, weil sie sein Interesse in ihrem Mißtrauen falsch deutet. Crow warnt sie auch vor ihrer vermeintlichen Freundin Trina Holland, die sie mit Drogen in Kontakt bringt und in ein schlechtes Milieu hineinzieht. Jenna lebt ihr eigenes, geheimes Leben, von dem sie nichts nach außen dringen läßt. Erst als Crow mit ihr über die Brücke geht, die sie in Panik versetzt, und ihr von seinen eigenen Erfahrungen erzählt, von seinem Schmerz und seiner Angst, die ihn doch nicht daran hindern, es trotzdem zu versuchen, kehrt der Lebenswille in Jenna zurück.

Joyce Carol Oates beschreibt Jennas Re-Inkarnation so eindringlich, dass sich einem unwillkürlich die Härchen auf den Armen aufstellen. Jenna sehnt sich nach dem Paradies, von dem sie genau weiß, dass sie es auch in den Drogen nicht finden wird, sie fühlt sich fremd in einer Welt, die sie nie wollte und sie nimmt am Leben nicht teil, um nicht verletzt zu werden. Crow kann diesen Zwiespalt nur zu gut nachempfinden und ihr deshalb so gut helfen, weil er selbst immer wieder durch ihn hindurchmuss. Er kann Jenna vermitteln, dass es sich lohnt und dass das Leben eben nicht immer in geordneten Bahnen verläuft. Auch wenn es keine gemeinsame Zukunft für Jenna und Crow geben wird, vermag er Jenna doch die ihrige zurückzugeben.


© by Ulrike Schmoller
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