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Kirsten Boie:
Alhambra.

Oetinger, 2007.
ISBN: 978-3-7891-3170-7
431 Seiten, EUR 17,90 (ab 12 J.)

Boston ist auf der Suche nach einem Mitbringsel für seine Mutter, das er ihr von seiner Sprachreise nach Granada mitbringen könnte. Ob diese alte Fliese vielleicht ein schöner Untersetzer wäre? Er will sie sich näher anschauen - und findet sich unversehens im Jahr 1492 wieder. Eben haben die christlichen Herrscher Isabella und Ferdinand die Macht über die Mauren und Juden übernommen, um sie mit den Mitteln der Inquisition zum katholischen Glauben zu bekehren, wobei die Königin als selbst denkende und mit ihrem Gewissen hadernde Regentin erscheint, die an ihrer Verantwortung schwer zu tragen hat. In einem komplexen Geflecht aus politischen Interessen steht sie zwischen ihren Beratern und findet wenig Unterstützung durch ihren Ehemann. Selbst die Frage, ob Cristóbal Colón die Ausrüstung für seine Reise nach Indien über den Westweg genehmigt werden soll, muss sie allein entscheiden. Ihre dreizehnjährige Tochter Johanna hingegen ist gelangweilt und wehrt sich mit trotziger Wut gegen ihre Verheiratung mit einem Habsburger. Als fälschlicherweise Boston statt des erwarteteten Bräutigams auf die Alhambra gebracht wird, durchschaut sie sein Spiel und verhilft ihm zur Flucht. Auch als dieser, nachdem sein Handy gefunden wurde, von der Inquisition auf den Scheiterhaufen gebracht werden soll, reizt sie das Abenteuer ihn zu retten. Boston interessiert unterdessen nur eines: er muss dafür sorgen, dass Amerika entdeckt werden kann, und er muss die Fliese wieder finden, die ihn in seine Zeit zurückbringt.

Selbst wenn die literarische Form der Zeitreise alles andere als neu ist, versteht es Kirsten Boie doch, sie mit Spannung und Hintergrund zu füllen. Die Rahmenhandlung, in der eine bunt gemischte Schülergruppe -inclusive ihrer reduzierten Alltagssprache- vorgestellt wird, stellt einen Realitätsbezug her, der vielleicht für manchen jugendlichen Leser den Einstieg erleichtert. Auch wenn im Heute selbstverständlich ein Kadir, ein Sergej und ein Tukan zu Bostons Klasse gehören, wird doch deutlich, dass die Konflikte zwischen Christen, Juden und Muslimen, die im Jahr 1492 schwelten, bis heute nicht gelöst sind. Diese drei Religionsgruppen bekommen ein Gesicht durch Boston und seine Freunde Salomon und Tariq, die füreinander einstehen. Die Sinnlosigkeit der Intoleranz und die Ohnmacht des Einzelnen angesichts der Machtinteressen wird erlebbar. Lessings vorangestellte Ringparabel hat nichts von ihrer Aktualität verloren.


© by Ulrike Schmoller
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