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Jerry Spinelli:
Asche fällt wie Schnee.
Dressler, 2006.
ISBN: 3-7915-1964-6
236 Seiten, EUR 12,90 (ab 13 J.) |
Ein kleiner Junge steht verzweifelt vor der Mauer des Warschauer Ghettos, nicht weil er nicht hinauskann, sondern weil er nicht mehr hineinkommt. Einmal passiert ihm das nach einer seiner vielen Schmuggeltouren, als er plötzlich zu groß für das Loch aus zwei fehlenden Steinen ist, und schließlich ganz am Ende, als die Deportationen begonnen haben und sein Schlupfloch zugemauert wurde. Doch er findet einen Weg hinein wie er auch sonst in jeden Keller Warschaus gelangen kann, um etwas Essbares aufzutreiben. Damit versorgt er die Waisenkinder des Herrn Korzcak, die Familie von Janina und sich selbst. Der Junge hat keinen Namen und weiß nicht, wo er herkommt, nur dass er klein, wendig und schnell ist und meisterhaft Brot klauen kann. Seine Freundin Janina schätzt ihn auf acht Jahre, da sie ihm gerade bis an die Nasenspitze geht. Sein Freund Uri, mit dem er bei den Straßenjungen lebt, gab ihm den Namen Mischa Pilsudski und eine Vergangenheit als Zigeunerkind. Die Begegnung mit Janina verändert Mischas (Über-)Leben: Janinas große Augen werden für ihn zum Bezugspunkt, er sorgt für sie und weiß auf einmal, wo er sein möchte, so dass er selbstverständlich mit der Familie Janinas ins Ghetto zieht. Nachdem Janina mit dem Zug weggebracht wurde, läuft er den endlosen Gleisen nach, um zu ihr, zu den Öfen zu kommen…Sein Leben lang wird Mischa davon erzählen, was ihm widerfahren ist, bis er seiner Enkelin den Namen Janina geben kann.
Mit der traumwandlerischen Sicherheit eines Kindes bewegt sich Mischa zwischen Hunger, Gewalt und Leichen auf den Straßen. Er denkt noch nicht über Gut und Böse nach und bringt sich damit in Gefahrensituationen, aus denen ihn Uri, seine Fixheit und sein Schutzengel retten müssen. Immer gibt es ein Schlupfloch. Durch dieses halbbewußte Erleben des Ich-Erzählers entsteht eine beobachtende, das Schreckliche wahrnehmende und beschreibende Sichtweise, die aber zugleich davor schützt, in die Verzweiflung abzugleiten. Was zählt ist die nächste Mahlzeit, das Zusammensein mit Janina, eine weitere gelungene Flucht. "Asche fällt wie Schnee" ist ein trauriges Buch, und auch wenn es in diesem Fall Fiktion ist, regt es doch das Nachempfinden davon an, was damals wirklich geschehen ist.