Meg Rosoff: So lebe ich jetzt. Carlsen, 2005.
ISBN: 3-551-58138-X
203 Seiten, EUR 14 (ab 14 J.)
"Im Grunde konnten wir unser Glück nicht fassen und eine Zeit lang kamen wir uns vor, als würden wir in einem großen Zug bergab sausen und uns interessierte nur das herrliche Gefühl der Geschwindigkeit." Daisy erlebt bei ihren Verwandten in England den schönsten Frühling ihres Lebens. Unter ihren eigenwilligen Cousins, in dem alten Haus und dem herrlichen Garten fühlt sich die magersüchtige Fünfzehnjährige richtig wohl, ganz anders als in New York. Ewig könnte sie mit den anderen am Fluss liegen und in der Sonne dösen oder sich ihrer heimlichen Liebe zu Edmond hingeben. Mit ihm scheint sie sich zu verstehen ohne dass Worte gewechselt werden müssen, er weiß immer genau, was sie denkt. Doch dann bricht der Krieg aus und die Jugendlichen sind unvermittelt auf sich gestellt. In ihrer abgelegenen Gegend versuchen sie möglichst normal weiterzuleben, während rundum das Chaos ausbricht und jegliche Infrastruktur verloren geht. Das freie unbeobachtete Dasein hat seine Vorzüge, doch der Zug saust unerbittlich bergab. Wie rasch gewöhnt man sich daran, alles zu verlieren, was einem lieb ist? Die Familie wird getrennt und Daisy fühlt sich zum ersten Mal für jemanden verantwortlich und hilft bei harter Arbeit. Mit der kleinen Piper macht sie sich auf die Suche nach den Anderen und findet nur noch die Überreste eines gräßlichen Angriffs. Erst sechs Jahre später wird sie verstehen, was dort passiert ist und mit dem schwer traumatisierten Edmond ein anderes, neues Leben beginnen können.
Der Klappentext, der nur die paradiesische Seite dieses Buches betont, weckt falsche Erwartungen, denn ohne seinen dunklen Hintergrund kann es weder die Liebesgeschichte noch Daisys Entwicklung geben. Dass es für den Jugendliteraturpreis nominiert wurde, verdankt es eben diesem immensen Auseinanderlaufens des erwachenden Lebenswillens Daisys, ihrer Entdeckung dass es etwas gibt, was ihr wirklich wichtig ist, und der todbringenden absurden Maschinerie eines Krieges, der sich auf beiden Seiten so ähnelt. In einer vom mündlichen Erzählen geprägten Sprache, in der Dialoge, Betonungen und Einwürfe einfach durch unregelhafte Großschreibung hervorgehoben sind, entsteht ein Szenario, das es tatsächlich so geben könnte, das grausam ist, aber doch Raum läßt für die Liebe, die zum Fixpunkt wird für die Hoffnung auf ein Danach.