Andreas Steinhöfel: Trügerische Stille. Carlsen, 2004. ISBN: 3-551-35314-X 172 Seiten, EUR 6,50 (ab 12 J.)
"Tiefe
Stille herrscht im Wasser
ohne Regung liegt das Meer
und bekümmert sieht der Schiffer
glatte Fläche ringsumher."
Dass die Stille, von
der Carla spricht, trügerisch ist und von einem dunklen Geheimnis umgeben ist,
spürt Logo wohl. Doch erst als er die zweite Strophe des Gedichtes hört, wird
ihm klar wie alles zusammenhängt, und er weiß, dass er Carla helfen muss.
Kennengelernt haben sich die beiden Jugendlichen am Waldensee, wo Logo mit seiner
chaotischen Familie und Carla mit ihren Eltern Urlaub machen. Dieser Erzählstrang
bringt die Spannung in die Geschichte, deshalb will ich auch nichts weiter dazu
verraten, zum anderen bleibt dieser Teil sowieso etwas dünn. Wesentlicher scheint
mir der Prozess zu sein, den Logo in seiner Familie durchmacht. Er merkt - und
kann im Gespräch mit der Großmutter konkrete Gründe dafür finden - dass die
vermeintliche Erziehung zur Selbständigkeit, die ihm, seiner Schwester Pola
und den vierjährigen Zwillingen zuteil wurde, ein Unvermögen der Eltern ist,
emotional auf die Kinder einzugehen. Ohne es zu wissen hat Logo die Rolle desjenigen
übernommen, der versteht und tröstet. Nun ist er für Carla zum Retter geworden,
die sich nach ihren Eltern zurücksehnt, obwohl sie sich so oft gewünscht hätte,
sie wären tot.
Nicht nur das Cover erinnert an die "Mitte der Welt", sondern auch der melancholisch-witzige
Humor, die Beerdigungsszene, die skurril überzeichneten Figuren, doch reicht dieses
Buch nicht an seinen großen Bruder heran. Auch wenn es nicht Steinhöfels herausragendstes
Werk ist, Logos Familie lohnt die Lektüre.