Polly Horner: Polly und der Polarstern.
Verlag Freies Geistesleben, 2002.
30 Seiten, EUR 13,50 (ab 4 J.)
Voller Sehnsucht wartet Polly auf die Rückkehr ihres geliebten
Vaters, der in Alaska eine Expedition für bedrohte Tiere leiten muss. Sie macht
sich Sorgen, dass er nicht zurückkommt, doch in ihren Träumen kann sie ihm nahe
sein und sich mit den Tieren der Antarktis anfreunden. Diese sind es auch, die
ihr in ihrer Phantasie helfen, den Vater im Schneesturm zu finden und zu retten.
Über den Polarstern können Vater und Tochter auch über die große Entfernung in
Kontakt bleiben, bis er zurückkehrt. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie
Vierjährige zwischen der Wirklichkeit und ihren magischen Vorstellungen wechseln,
durchdringen sich in diesem Bilderbuch diese beiden Ebenen. In der Vorstellung
ist alles möglich, das Kind erlebt sich wie Polly als Mittelpunkt der Welt. Ihre
positiven Empfindungen für den Vater, ihr Glück beim gemeinsamen Spielen, die
physische Nähe und Geborgenheit haben genauso ihren Platz wie ihre Trauer über
die Trennung und die Angst um ihn. Polly ist es möglich mit diesen negativen Gefühlen
umzugehen, indem sie sich auf der Traumebene ihren Wunsch nach Nähe erfüllt. Dabei
ist sie stark und aktiv. Der fast symmetrische Aufbau und das Sprachniveau sind
altersgemäß. Die Aquarelle, in denen die kalten Eisfarben und das dunkle Nachtblau
von der bunten Polly belebt werden, scheinen sich beim Anschauen zu bewegen und
lebendig zu werden, was man besonders schön bei dem Hund Sirius sehen kann, aber
auch beim Faltenwurf und den Gesichtern. Der Regenbogen (den Kinder sicher nicht
als Greenpeace-Symbol sehen werden) taucht sowohl an der Kleidung Pollys und an
der des Vaters auf und schafft so eine Verbindung zwischen ihnen. Die bunten Farben
schaffen so einen Bogen zwischen Pollys vertrautem Zuhause und der als gefährlich
erlebten großen Welt und erweitern damit auch den Horizont der kleinen Leser.
Der Polarstern wird zum Medium der Verständigung und zum Bild für das starke geistige
Band zwischen Vater und Tochter. Alle entwicklungspsychologischen und anthroposophischen
Ansprüche werden von diesem Bilderbuch voll erfüllt. Sehr gut!